Wenn der Wecker läutet, beginnt unsere tägliche Scharade. Wir stehen früh auf, oft früher als wir müssten, um ja genügend Zeit zu haben, Klamotten, Haare und Schminke zu richten und nach einer Ewigkeit vor dem Spiegel, naja, zufrieden sein zu können. Im Auto oder einer verspiegelten Fläche auf dem Weg zur Schule, Uni oder Arbeit, überprüfen wir nochmals ob das Make-up richtig sitzt. In Schule, Uni oder Arbeit verbringen wir mehr Zeit auf der Toilette damit, alle Wogen unseres Aussehens zu glätten, als auf der Klomuschel. Am Abend, wenn nicht gerade ein Partyabend bevorsteht, für den wir uns nochmals komplett "um"richten, legen wir unsere Maske ab und gehen zu Bett. Kurz gesagt, wir bemühen uns den ganzen Tag darum, dass unser Aussehen, oder das, als was wir uns darstellen, perfekt ist. Wirklich zufrieden sind wir im Endeffekt sowieso nicht. Aber wir sehen uns gezwungen, dem Terminus "perfekt" so nahe wie möglich zu kommen und verlieren dabei uns selbst.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wie man so schön sagt. Doch das gesellschaftliche Schönheitsbild beherrscht die Massen und das nicht erst seit der Entstehung von Barbie. Traurig ist, dass wir von klein auf lernen, dass alles immer super, gut, schön, toll, zufriedenstellend, etc. sein soll, allerdings nicht bezogen auf uns. Nein! Wir wollen es unseren Eltern Recht machen, die natürlich nur die besten Noten erwarten. Wir wollen es unseren Lehrern Recht machen, die wollen, dass wir Dinge lernen, die wir ja sowieso niemals mehr wieder brauchen werden, so denken wir zumindest, so wie sie es wollen. Dann wollen wir es den Anderen Recht machen, indem wir uns ordnungsgemäß in die Gesellschaft einordnen und ein braves und perfekt verpacktes Püppchen werden. Und die Gesellschaft, eigentlich nur ein kleines und recht dummes Kind, wählt sich dann einfach irgendeines ihrer Püppchen aus, die schauen eh alle gleich aus, und spielt damit. Manchmal fällt halt ein Arm oder ein Kopf ab, aber egal, solange es so viele andere Püppchen gibt, mit denen man spielen kann….
Kurz zusammengefasst: Wir lernen, um unsere Eltern und Lehrer glücklich zu machen. Wir ziehen die zerschlissene Jeans an, weil die anderen sie cool finden. Wir benehmen uns den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechend, um ja nicht aus der Reihe zu tanzen. Ein schönes Bild, wenn das alles so funktioniert. Schön vor allem für die Gesellschaft, denn die hat ihre Freude mit Püppchen, mit denen man alles machen kann.
Aber mittlerweile gibt es ja schon neue Ausführungen. Manche Puppen können sprechen, andere pinkeln, dritte können sogar gehen. Und die Sensation: Es gibt nun auch welche, denen ein Gehirn eingesetzt wird. Wie fantastisch fortgeschritten die Wissenschaft ist! Es gibt nun tatsächlich Püppchen, die fähig sind, eigenständig zu denken! Leider gibt es jedoch auch bei dieser Wahnsinns-Errungenschaft einen kleinen aber verheerenden Konstruktionsfehler: Wir Menschen leben in einem ständigen Bestreben "dazuzugehören". Tja, gegen dieses Gen können weder Gott noch die Gesellschaft etwas unternehmen. Wir brauchen einen Ort, Menschen oder Dinge, denen wir uns zugehörig fühlen, denn das Gegenteil davon wäre Verlorenheit, eine der größten Ängste der menschlichen Rasse.
Anstatt wir selbst zu sein, unseren eigenen Weg zu gehen und eine eigene Meinung zu haben, versetzen wir uns wieder in die Schulzeit, wo wir alles Menschenmögliche tun, um ja nicht der Außenseiter zu sein, und lassen uns so formen, dass wir ein perfektes Glied in der Gesellschaft darstellen. Doch sind wir damit glücklich?
Cheers,
K.