Die TV-Landschaft ist riesig groß und die Konkurrenz enorm. Umso wichtiger ist es, dass man aus der Masse heraussticht.
Gewisse Serien sind zwar außergewöhnlich, spannend, besitzen gut gelungene Drehbücher und sind mitreißend, brauchen jedoch eine bestimmte Anlaufzeit, um ihr Tempo und ihren Ton zu finden.
Und dann gibt es wiederum Shows, die einen von der ersten Sekunde an nicht mehr loslassen.
Lost, Hannibal, Penny Dreadful, Dexter, Alias, Modern Family, Bates Motel, Community, Hemlock Grove, Sherlock – um nur einige zu nennen – waren und sind für mich solche Serien.
Der neueste Kandidat in dieser Liste der Suchterzeuger ist die Anwaltsserie Suits.
Anders als bei Serien wie
Homeland, von denen man erst einige Folgen sehen muss, um sich in die Serie zu verlieben, ist
Suits eine der Serien, die einen von der ersten Folge an in ihren Bann ziehen und die so sehr süchtig machen, dass man sich mehr als gerne eine ganze Staffel (oder mehr) in einem Lauf ansieht.
Suits wird seit Juni 2011 auf USA Network ausgestrahlt, befindet sich derzeit in der vierten Staffel und wurde bereits um eine fünfte verlängert.
Es ist interessant, dass gewisse Rezepte einfach funktionieren, auch nach so langer Zeit noch. Das Element des „odd couple“ (übersetzt so viel wie „ungleiches Paar“) scheint
der erzählerische Trick schlechthin zu sein.
Der Hochschulabbrecher Mike Ross (Patrick J. Adams) ist zwar hochbegabt und hyperintelligent, scheint jedoch sonst vom Pech verfolgt zu sein. Als er eines Tages zufällig in ein Vorstellungsgespräch für eine Anstellung in der New Yorker Top Anwaltsfirma Pearson Hardman
hineingerät, gelingt es ihm, den Senior-Partner Harvey Specter (Gabriel Macht) so sehr zu beeindrucken, dass dieser ihn einstellt. Es gibt dabei nur ein Problem: Mike, das Wunderkind mit fotografischem Gedächtnis, ist kein Anwalt.
Nichts desto trotz nimmt Harvey ihn unter seine Fittiche und die beiden versuchen mit aller Macht diese (illegale) Tatsache (nämlich, dass Mike ohne legitimen Titel als Anwalt praktiziert) zu vertuschen.
Suits ist nicht nur eine perfekte Mischung aus Comedy und Drama, sondern besticht auch mit seiner Vielzahl an einnehmenden Charakteren. Ein wesentlicher Faktor für den (berechtigten) Erfolg der Serie ist nicht nur die Dynamik der beiden Hauptpersonen Mike und Harvey, die verschiedener nicht sein könnten. Harvey ist ein erfolgreicher, ambitionierter, augenscheinlich skrupelloser, tatsächlich taffer aber fairer Anwalt. Mike hingegen ist ein einfühlsamer, oftmals naiver Zeitgenosse, dem immer klarer wird, welche Opfer er bringen muss, sollte er tatsächlich beim Anwaltsberuf bleiben.
Harvey: Being a lawyer is like being a doctor..... you keep pressing till it hurts.
Vielen Serien mangelt es an intelligenten, interessanten und humorvollen Frauen und Frauen in Machtpositionen.
Suits weist nicht nur eine Frau dieser Art auf, sondern bringt gleich mehrere ins Spiel. Dies gilt nicht nur die Anwältinnen der gegnerischen Parteien, sondern auch für Mitarbeiterinnen der eigenen Firma. Nicht nur das. Einer der beiden Gründer von Pearson Hardman ist nicht nur eine Frau, sie ist auch die
Mentorin von Harvey selbst. Jessica Pearson (Gina Torres) ist zwar fair, aber bestimmt, weiß sich zu verteidigen und zeigt dem sonst so dominanten Harvey oftmals, wo es lang geht.
Jessica: "Harvey, would you escort this piece of filth out of the building, making sure he won't commit any crime on the way out?"
Überdies erwähnenswert ist Harveys nicht so beliebter Kollege Louis Litt (Rick Hoffman), der zwar eine Art hat, die alles andere als sympathisch ist, der es jedoch immer wieder schafft, zu überraschen – Louis ist ein taffer Anwalt, der es nicht leicht hat, in die Herzen seiner Mitarbeiter und des Publikums zu gelangen. Dies gelingt ihm aber doch, da er im tiefsten Inneren sehr wohl loyal und anständig ist.
Harveys Sekretärin Donna (Sarah Rafferty) ist einer meiner Lieblingscharaktere der gesamten Show. Es ist leicht verständlich, dass Donna so beliebt ist. Donna weiß alles, Donna hört alles und scheut nicht davor, ihren Willen durchzusetzen. Gleichzeitig ist sie so liebenswert, dass es nicht schwer fällt, ihr Hals über Kopf zu verfallen. Sie ist Harveys bessere Hälfte, ohne die der beste „Closer“ (jemand, der Fälle abschließt) New Yorks dumm aus der Wäsche schauen würde.
Katrina: Hi Donna. You know who I am ?
Donna: I know who everybody is.
Katrina: Do you have a minute ?
Donna: Well, 8 days from now, I think I got spare 45 seconds.
Die Rechtsanwaltsgehilfin Rachel (Meghan Markle), in die Mike seit der ersten Sekunde verschossen ist, ist eine smarte, kompetente und scharmante junge Frau, die, obwohl sie einen reichen Vater hat, es auf ihrem Gebiet selbst schaffen und auf eigenen Beinen stehen will – und dies selbstredend auch schafft.
Es ist (offenbar) nicht leicht, Frauenrollen zu schreiben, die gleichzeitig stark, intelligent, ambitioniert, mitfühlend UND sympathisch sind. Doch Suits hat dies mehrfach geschafft. Obwohl die vorgesehene Zielgruppe Männer zwischen 18 und 35 zu sein scheint, spricht sie meiner Ansicht nach nicht nur diese an. Dies verdankt die Serie ihrem außergewöhnlichen, raffinierten Drehbuch und den scharmanten, menschlichen Charakteren.
Das Drehbuch ist so geistreich und intelligent geschrieben, dass es einem nicht schwer fällt, die Anwälte mitsamt ihren Fehlern gern zu haben.
Harvey: What are your choices when someone puts a gun to your head?
Mike: What are you talking about? You do what they say or they shoot you.
Harvey: Wrong. You take the gun, or you pull out a bigger one. Or, you call their bluff. Or, you do any one of a hundred and forty six other things.
It will make you laugh, it will make you cry.
(ss)
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Zum Titelbild: '67 Chevy Impala (Automarke 'Chevrolet'), Dean Winchesters Auto und ein Markenzeichen der Serie Supernatural.
Bild im Text: 1) Gabriel Macht ("Harvey Sepcter") in Suits/Twitter
2) Gina Torres ("Jessica Pearson") in Suits/Twitter
3) Cast. Suits/Twitter