Während des Cannes Film Festivals führte die-Frau mit Catherine Ann Berger, der Direktorin von Swiss Film, ein Interview. Dieses Jahr ist Swiss Film stark vertreten und zog großes Interesse der Medien und Industrie auf sich.
die-Frau: Erzählen Sie uns etwas über sich!
CAB: Mein Name ist Kathrin Ann Berger. Ich komme zur Hälfte aus der Schweiz und zur anderen Hälfte aus England. Ich habe Theater- und Filmwissenschaften in Österreich studiert. Zum Fernsehen bin ich relativ schnell gekommen, weil ich großes Interesse daran hatte mit Bildern zu arbeiten, die man stoppen, zurückspulen und wieder nach vorne spulen kann und sich alles wiederholt anschauen kann, da das Theater etwas Vergängliches ist. Gleichzeitig muss ich sagen, dass ich das Abenteuer des Theaters sehr liebe, dieses Effimere, es ist nur jetzt, nur heute. Ich bin beim Film geblieben, habe aber dann sechs Jahre lang Kulturzeit in Deutschland auf 3Sat moderiert. Die Kulturzeit hat ein sehr breites Feuilltonverständnis und ist mit einer Länge von 40 Minuten eine tolle Sendung.
Danach bin ich wieder zum Film zurückgegangen und habe als Filmkritikerin gearbeitet. Gleichzeitig habe ich eine Weiterbildung als Filmgrammaturgin gemacht . In diesem Bereich habe ich in den letzten Jahren international gearbeitet. Ich war beim Österreichischen Filminstitut, bei der Projektkommission, fürs Drehbuch zuständig. Ich habe Produktionen in Österreich, der Schweiz und Deutschland gemacht.
die-Frau: Haben Sie auch schon ein Drehbuch geschrieben oder waren einmal daran beteiligt?
CAB: Ich habe mitgeschrieben an den "Herbstzeitlosen". Er war ein sehr großer Erfolg in der Schweiz und in Deutschland und weiteren Ländern. "The Leightblumers" hieß er auf Englisch.
Zudem habe ich für das Schweizer Fernsehen als Redakteurin im Bereich der Animation-/Filmproduktionen gearbeitet, denn dies hat mich auch sehr interessiert. Es passiert hier sehr viel, auch weil es die Filme sind, die zur Zeit das meiste Geld einspielen. Andererseits haben wir eine sehr gute kleine Animationsfilmszene in der Schweiz, die auf sehr hohem Niveau arbeitet und es gibt neue Formate, wie Dokumentarfilmanimation. Es ist ein sehr interessantes neues Gebiet, das mich anspricht und es hat eine Nähe zur Dramaturgie, weil man jede "Wimper" definieren muss, weil man nicht immer mitkommt. Aus diesem Grund muss es jeder Filmemacher selbst gestalten. Ich sag immer, dass die Animationsfilme die Bildhauer der Filmkunst sind.
Seit dem 1. Mai bin ich Direktorin der "Swiss Films", die Promotionagentur für den Schweizer Film, die vor allem international arbeitet (an den Film Festivals, an den Märkten) und die eine Verleihförderung macht und Filmemacher unterstützt, damit sie an Festivals teilnehmen können. Besonders wichtig ist es für kleinere Länder, die keine großen Worldsales haben. Da ist "Swiss Films" eine Schaltstelle, um die Visibilität der Filme zu verstärken. Das ist unsere Arbeit.
die-Frau: Können Sie noch etwas über "Swiss Films" sagen oder Filme aus der Schweiz?
Kathrin: Wir haben einen sehr starken Jahrgang und sind sehr, sehr glücklich darüber. Wir haben dieses Jahr in Cannes zwei Debütfilme, die ausgewählt worden sind. "Ate ver a Luz" hat morgen Premiere. Der Schauspieler hat großes Talent, viel Energie, eine atmosphärische Vision. Er ist ein Filmemacher, der sehr frei filmt. Wenn er filmt, dann mit non-professionals, er improvisiert sehr viel und er braucht eine hohe Flexibilität, wodurch er auch eine Energie und Konzentration schafft, die sehr verblüffend sind. Wir sind sehr stolz, dass sein Film, der jetzt in der "Quinzait" gezeigt wird, diese Plattform hat; diese beiden vorherigen Kurzfilme waren auch schon on der "Quinzait". Er ist sehr jung. Er hat eben erst die Filmschule beendet. Wir sind davon überzeugt, dass wir noch sehr viel von ihm hören werden.
Der zweite Film, der schon Premiere hatte, heißt "L'escale stop over", zu deutsch "der Zwischenhalt", ist ein Dokumentarfilm des Schweiz-Iraners Havi Bakhtiari. In seinem Film zeigt er die Situation von sieben Iranern, die als illegale Immigranten nach Athen kommen und versuchen in weitere Länder Europas zu gelangen. Es stellt sich nicht die Frage, ob sie dies dürfen, sondern darum, wie wir in dem demokratischen Europa den Emigranten begegnen. Es wird die Frage gestellt, ob sie eine reelle Chance haben, ihr Anliegen vorzutragen, ob sie einen fairen Prozess bekommen, eine faire Aufnahmeregelung oder nicht. Bakhtiari hat über vier Jahre gefilmt und das, was man zusehen bekommt, ist herzzerreißend und es geht einem durch Mark und Bein. Es ist ein sehr wichtiges Dokument für Europa in diesem Jahr. Wir haben jetzt schon sehr gute Reaktionen bekommen, von Festivals und verschiedenen Zeitungen, z.B. Gailles du cinemà. Dieser Film wird eine große Karriere in Europa machen, denn ich finde, dass er ein menschliches Zeugnis dafür ist, was heutzutage Filme alles auf der Leinwand bewegen können, wozu sie in der Lage sind.
die-Frau: Kann man den Film auch sehen?
CAB: Dieser Film läuft heute noch mal um 22.30 Uhr und um 2.00 Uhr in verschiedenen Kinos. Havi Bakhtiari ist da und man kann auch mit ihm ein Interview führen.
Zusätzlich haben wir auch Marketscreenings von anderen Filmen. Dieser andere Film wird auf einem anderen Festival laufen, er ist noch nicht raus. D.h. "Swiss Films" hat Filme, die hier schon programmiert sind, aber wir haben natürlich auch Filme im Hinterkopf, die wir demnächst auf anderen großen Festivals platzieren werden. Deswegen spreche ich von einem starken Jahrgang.
die-Frau: Wie sehen Sie die Rolle der Frauen im Film? Denn bisher gab es nur eine Frau im Wettbewerb.
CAB: Ich kann nicht für die Auswahl der Filme in Cannes sprechen, denn ich treffe sie nicht. Ich kann nur sagen, dass wir mit Marie El Sascuardo eine junge Regisseurin haben, die ihren Kurzfilm zeigen wird, worauf wir sehr stolz sind. Wir haben viele starke Produzentinnen. Ich bin eine Frau, die an der Spitze von "Swiss Films" ist. Wir haben eine neue Kulturdirektorin.