Die Gerechtigkeit wohnt auf einem anderen Stock. Mit diesem Statement outet sich Österreich zu einem Land, wo das Recht mit Gerechtigkeit nichts am Hut hat. Der Verfassungsgerichtshof gießt noch mehr Öl ins Feuer und sagt, dass im Finanzverfahren kein Recht auf ein "fair trial" (gerechtes (faires) gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention) Verfahren besteht.
Österreich ist das einzige Land dieser Welt, in welchem die offizielle Lehrmeinung der Rechtsuniversitäten ist, dass Recht nichts Gerechtigkeit zu tun hat. Zu Beginn des Studiums wird jeder, der Rechtswissenschaften zum Zwecke des Dienstes der Gerichtigkeit studiert, dazu angehalten, besser den Vorlesungssaal zu verlassen, denn dann sei Recht das falsche Studium.
(siehe Lehrbücher zum öffentlichen Recht und Univ. Prof. Dr. Bernhard Raschauer)
Ein Richter des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen gibt an, die Aufgabe eines Richters sei, einer der Parteien Recht zuzusprechen. Recht sei jedoch mit der Gerechtigkeit nicht zu verwechseln. Diese wohne nämlich in einem anderen Stockwerk.
Spricht dieser Ansatz nicht gegen die Grundrechte der Europäischen Union?
Was macht dann Justitia im Justizpalast? Was bedeutet eigentlich Gerechtigkeit und wozu ist diese gut?
Wikipedia gibt folgende Worterklärung zur "Gerechtigkeit":
Der Begriff der Gerechtigkeit (griechisch: dikaiosýne, lateinisch: iustitia, englisch und französisch: justice) bezeichnet einen idealen Zustand des sozialen Miteinanders, in dem es einen angemessenen, unparteilichen und einforderbaren Ausgleich der Interessen und der Verteilung von Gütern und Chancen zwischen den beteiligten Personen oder Gruppen gibt.
Laut Wikipedia ist Gerechtigkeit Grundnorm des menschlichen Soziallebens und gilt als Grundlage für Gesetzgebung und Rechtsprechung in allen Staaten. In Form angemessener und ausgewogener Gesetze, einer adäquaten Rechtsprechung und eines angemessenen Strafvollzuges existiert juristische Gerechtigkeit: Rechtmäßigkeit, Legitimität, Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Der gleiche Wortlaut wird bei der Begründung einer Befangenheitsanfechtung verwendet. Die Meinung des Gerichtes ist, dass diese sich gegen den Richter ad personam richtet. Als Synonym für Ablehnung wird das Wort „loswerden“ genommen. Natürlich wird davon ausgegangen, dass ein Richter keine Maschine, sondern eine lebendige Person ist, die sich beeinflussen lässt.
Es gibt einerseits Fälle, die rein nach Gesetzen geregelt werden können, es gibt aber auch schwierigere Fälle, wo mehr als nur eine reine Gesetzesanwendung notwendig ist. Sonst wären Richter nämlich durch Maschinen austauschbar, bei denen man auf einen Knopf drücken kann und eine Entscheidung herauskommt.
In der Kaiserzeit war die Meinung der Parteien unerheblich, da jeder naturgemäß das eigene Interesse vorbrachte und die dargestellten Tatsachen oft nicht beweisbar waren. Der Kläger brachte dem Richter ein Schwein o.Ä. als Geschenk dar, der Beklagte hingegen durfte dies nicht.
Nach wie vor spielen die Aussagen der Parteien aus dem oben genannten Grund (die Schwierigkeit der Beweisbarkeit) für das Gericht kaum eine Rolle. Die Fakten können oft, außer es gibt objektive Beweise (vor allem bei einer Straftat), nicht festgestellt werden. Ein Richter hat daher die schwierige Aufgabe, sich der Wahrheit anzunähern. Die Urteilsfällung hängt also davon ab, wer seine „Wahrheit“ besser präsentiert.
Ein Richter kann auf eine Partei nämlich „angezipft“ sein und trotzdem ein für diese Partei positives Urteil fällen. Laufende oder bereits abgeschlossene Verfahren haben natürlich auch einen Einfluss auf einen Richter, das lässt sich nicht leugnen. Auch wenn man sich auf diese in einem konkreten laufenden Verfahren nicht berufen kann, behält man diese stätig im Hinterkopf.
So man Ghrechtigkeit nimbt für hannt,
Wirdet wol ghregiert leut unnd Lannd
„Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt. Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, soll doch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden. Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Andererseits soll es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden, sich nicht genehmer Richter entledigen zu können.„
Eine Richterin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz gibt in einer gerichtlichen Stellungnahme an,
sie fühle sich nicht befangen, und aus diesem Grund setze sie eine gerichtliche Verhandlung fort und fällt, durch führen dieser Verhandlung, eine bzw. mehrere faktische Entscheidungen. Die Richterin behauptet nicht einmal eine Dringlichkeit als Begründung (die im Übrigen nicht gegeben war).
§ 25 JN ZPO lautet:
„Ein abgelehnter Richter hat bis zur rechtskräftigen Erledigung des Ablehnungsantrages alle Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten; er hat ferner, wenn die Ablehnung offenbar unbegründet ist und die Absicht vermuten läßt, den Prozeß zu verschleppen, auch eine begonnene Verhandlung fortzusetzen, darf jedoch die Endentscheidung vor rechtskräftiger Zurückweisung der Ablehnung nicht fällen (§ 415 Z P. O.). Wird der Ablehnung stattgegeben, so sind die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozeßhandlungen nichtig und, soweit erforderlich, aufzuheben.“
Laut einem Richter des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz darf ein Richter, sollte aber nicht, der als nicht frei von Zweifeln der Unbefangenheit, mittels Antrag über den nicht nicht entschieden wurde, abgelehnt wurde, keine Verhandlungen mehr abhandeln und schon gar nicht Urteile fällen. Jede Verhandlung sowie jede getroffene Entscheidung ist dem Senat vorzulegen. Welches Recht hat dann die Richterin, die mit der Begründung, sie sei nicht befangen, über den Senat entscheidet, eine Verhandlung abzuhalten und eine Entscheidung - die Führung der Verhandlung mit Zeugeneinvernahmen, sowie im konkreten Fall auch den faktischen Ausschluss der Nebenintervenienten, dadurch zu fällen und faktisch den zuständigen Richtersenat vorzubestimmen?
Und geht es bei einem Richterwechsel schließlich nicht darum, Gerechtigkeit – Verzeihung, die Rechtzuschreibung – herzustellen, sondern rein darum, um die Übergriffe auf den Richter zu reduzieren? Ob ein Richter bewusst oder auch unbewusst den Anschein bei der Öffentlichkeit erweckt, befangen zu sein, spielt beim Gericht ausschließlich rhetorisch eine Rolle.
Man könnte hier fast einen Vergleich mit einem Arzt einer Intensivstation ziehen, der nach einer 24-Stunden-Schicht bereits am Ende seiner Kräfte ist und jedoch noch einen weiteren Patienten aufnimmt.
Geht es hier darum, irgend jemandem irgend etwas zu beweisen oder doch darum, Gerechtigkeit herzustellen, auch wenn diese auf einem anderen Stockwerk zu Hause ist und beim Gericht "Rechtszuschreibung" heißt.
Siehe auch unsere Artikel
Zweifel an der Unbefangenheit des Gerichtes - Österreichische Rechtsprechung der absolute Hammer
Die relative Nichtigkeit im österreichischen Gerichtsverfahren - Gericht frei von Zweifeln einer Befangenheit
Annäherung der Richter an die „Wahrheit“ der Parteien
Noch komplizierter wird es, wenn man von der Annäherung eines Richters an die „Wahrheit“ der Parteien denkt. Denn diese ist relativ und in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar. Jeder kann im Grunde beim Gericht straffrei lügen, so das Statement eines Richters des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz. Und schon wird versucht, den Ausdruck etwas positiver zu formulieren, indem „unwahrhaftig im eigenen Interesse aussagen“ in Anwendung kommt. Jede Partei tritt beim Gericht im eigenen Namen auf und ist auch ein Anwalt dazu berechtigt, im Namen seiner Partei diese bestens zu vertreten und alles Mögliche zur Durchsetzung deren Ansprüche zu machen. Jeder also, der schlecht oder gar nicht lügen kann, oder wie man es „positiv“ ausdrückt, die Wahrheit schlechter präsentieren kann bzw. dessen Anwalt nicht die Begabung dazu hat, kreativ mit den Gesetzen umzugehen bzw. alles dafür zu geben, um die Rechte seiner Partei durchzusetzen, wird den Prozess verlieren.
Da fühlt man sich beim Lesen des Gesetztestextes, der Wahrheitspflicht für Parteien und Anwälte § 178 ZPO vorschreibt, nicht ernst genommen.
(1) Jede Partei hat in ihren Vorträgen alle im einzelnen Falle zur Begründung ihrer Anträge erforderlichen thatsächlichen Umstände der Wahrheit gemäß vollständig und bestimmt anzugeben, die zur Feststellung ihrer Angaben nöthigen Beweise anzubieten, sich über die von ihrem Gegner vorgebrachten thatsächlichen Angaben und angebotenen Beweise mit Bestimmtheit zu erklären, die Ergebnisse der geführten Beweise darzulegen und sich auch über die bezüglichen Ausführungen ihres Gegners mit Bestimmtheit auszusprechen.
Entscheidungstext OGH 29.01.1997 3 Ob 2417/96d
Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, lässt es nicht zu, dass er wissentlich unrichtige Behauptungen aufstellt, um sich oder seinem Klienten Vorteile zu verschaffen. Die in § 178 ZPO angeordnete Wahrheitspflicht gilt nicht nur für den Klienten, sondern auch für dessen Rechtsvertreter. Ein Klientenauftrag zu einem wissentlich unrichtigen Vorbringen vermag den Rechtsanwalt infolgedessen keinesfalls zu entlasten.
Der Richter des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz würde übrigens nie versuchen, beim Gericht sein Recht durchzufechten.
Justitia, wann verlässt du das Justizpalast?
Varvara Shcherbak
Wissenschatliche Mitarbeiterin des RA Dr. Johannes Eltz, Wien
Foto 3 im Text: Guillaume Blanchard, July 2004, Fujifilm S6900/ wikipedia
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Gericht
OGH
Dokumenttyp
Entscheidungstext
Geschäftszahl
1Ob116/70
Entscheidungsdatum
18.06.1970
Norm
JN §19
JN §20
ZPO §373 Abs2
ZPO §373 Abs3
Kopf
SZ 43/104
Spruch
Ein Richter kann auch noch nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung und nach Fällung des Urteils abgelehnt werden
Die Gesellschafter einer GmbH, die nicht gleichzeitig deren Geschäftsführer sind, sind in einem Rechtsstreit der Gesellschaft als Laienrichter nicht gem § 20 Z 1 JN ausgeschlossen; im Einzelfall kann aber ein Ablehnungsgrund nach § 19 Z 2 JN gegeben sein
OGH 18. Juni 1970, 1 Ob 116/70 (OLG Wien 6 Nc 1/70)
…“Wohl aber ist im Gegensatz zur Ansicht des OLG Wien der Ablehnungsgrund nach § 19 Z 2 JN gegeben. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung (JBl 1968, 94; JBl 1954, 286; 6 Ob 338/67 u a) ist ein Richter dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach dem Erk VwGH 25. September 1965 SlgNF 6772 A, besteht das Wesen der Befangenheit in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive.
Zieht man in Betracht, daß die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien - wie sich aus dem beigeschafften Akt 7 HRB 8443 des HG Wien ergibt - an der Beklagten mit einer voll eingezahlten Stammeinlage von 16.666.666.67 S beteiligt ist, dann kann weder gesagt werden, daß diese Beteiligung keine große Bedeutung hätte, noch daß der Ausgang eines gegen die Beklagte mit einem Streitwert von 300.000 S geführten Rechtsstreites für die Kammer und damit aber auch für ihren Vizepräsidenten ohne Interesse wäre. Gewiß ist Kommerzialrat A persönlich davon nicht berührt, doch besteht bei objektiver Beurteilung der geschilderten Umstände eine begruendete Besorgnis der Beeinträchtigung seiner Unbefangenheit. Dies genügt aber, um den Ablehnungsantrag als gerechtfertigt erscheinen zu lassen.
OGH: Der OGH hat in seiner Entscheidung 4 Ob 143/10y mit eingehender Begründung jüngst dargelegt, dass das Verfahren über die Ablehnung eines Richters sowohl in erster als auch in zweiter Instanz grundsätzlich zweiseitig ist. Die in der gegenständlichen Ablehnungssache erstatteten Rekursbeantwortungen der Beklagten sind demnach zulässig.
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt. Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, soll doch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden. Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Andererseits soll es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden, sich nicht genehmer Richter entledigen zu können.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat der OGH auch schon die Befangenheit von Richtern bejaht, die in einer Streitschlichtungseinrichtung bzw einer Personengesellschaft tätig waren:
In 4 Ob 193/03s handelte es sich um einen an einer Rechtsmittelentscheidung mitwirkenden Richter, der auch Vorsitzender der bei einer am Verfahren beteiligten Partei eingerichteten Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungsfehler sowie stellvertretender Vorsitzender der bei derselben Partei eingerichteten gemeinsamen Schlichtungsstelle für Krankenanstalten war. Der 4. Senat führte aus, es komme nicht darauf an, welche Berufspflichten der abgelehnte Richter zu erfüllen habe, ob er als Mitglied der Schlichtungsstelle weisungsfrei handeln könne oder wie hoch die ihm für diese Tätigkeit zufließenden finanziellen Zuwendungen seien. Entscheidend sei allein, dass die zwischen dem abgelehnten Richter und der Verfahrenspartei bestehenden besonderen außerdienstlichen Beziehungen objektiv geeignet seien, den Eindruck zu erwecken, seine Erwägungen in diesem Verfahren könnten durch Rücksichtnahme auf die Partei beeinflusst werden.
In 17 Ob 30/08y ging es um einen fachkundigen Laienrichter (Patentanwalt), der Gesellschafter einer in der Rechtsform einer OEG betriebenen Patentanwaltskanzlei mit sieben Gesellschaftern war, von denen ein Mitgesellschafter in einem Parallelverfahren mit vergleichbarer Problemstellung die dort beklagte Partei gegen die (mit den im Anlassverfahren identen) klagenden Parteien vertrat. Die darauf gestützte Vermutung der klagenden Parteien als Verfahrensbeteiligte, der abgelehnte Richter könnte in seiner Willensbildung durch seinen am Verfahrensausgang interessierten Kanzleipartner beeinflusst werden, sei durch objektiv fassbare Umstände nicht widerlegbar.
§ 178 ZPO
Gesetzestext (Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 2016-07-08)
(1) Jede Partei hat in ihren Vorträgen alle im einzelnen Falle zur Begründung ihrer Anträge erforderlichen thatsächlichen Umstände der Wahrheit gemäß vollständig und bestimmt anzugeben, die zur Feststellung ihrer Angaben nöthigen Beweise anzubieten, sich über die von ihrem Gegner vorgebrachten thatsächlichen Angaben und angebotenen Beweise mit Bestimmtheit zu erklären, die Ergebnisse der geführten Beweise darzulegen und sich auch über die bezüglichen Ausführungen ihres Gegners mit Bestimmtheit auszusprechen.
(2) Jede Partei hat ihre Vorträge so zeitgerecht und vollständig zu erstatten, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt werden kann (Prozessförderungspflicht).
§ 178 ZPO. Begründung der Parteianträge; Wahrheitspflicht; Erklärung zu Vorbringen des Gegners
Typ Kommentar
Werk Klauser/Kodek, JN-ZPO17
Datum/Gültigkeitszeitraum Stand 01.11.2012 bis ...
Publiziert von Manz
Autor Klauser
Kodek
Zitiervorschlag Klauser/Kodek, JN-ZPO17 § 178 ZPO (Stand 1.11.2012, rdb.at)
Gericht
OGH
Dokumenttyp
Rechtssatz
Rechtssatznummer
RS0036733
Geschäftszahl
2Bkd2/92; 3Ob2417/96d; 1Ob291/01b; 9Bkd3/02; 9Bkd1/03; 6Ob56/05m; 15Bkd2/07; 10Bkd6/07; 15Bkd5/08; 5Bkd1/08; 16Bkd3/09; 16Bkd2/11; 9Bkd1/12; 16Bkd3/12; 25Os8/14k; 29Os2/14g
Entscheidungsdatum
28.06.1993
Norm
DSt 1990 §1 Abs2 C4
RAO §9 Abs1
ZPO §178
Rechtssatz
Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, lässt es nicht zu, dass er wissentlich unrichtige Behauptungen aufstellt, um sich oder seinem Klienten Vorteile zu verschaffen. Die in § 178 ZPO angeordnete Wahrheitspflicht gilt nicht nur für den Klienten, sondern auch für dessen Rechtsvertreter. Ein Klientenauftrag zu einem wissentlich unrichtigen Vorbringen vermag den Rechtsanwalt infolgedessen keinesfalls zu entlasten.
Entscheidungstexte
2 Bkd 2/92
Entscheidungstext OGH 28.06.1993 2 Bkd 2/92
3 Ob 2417/96d
Entscheidungstext OGH 29.01.1997 3 Ob 2417/96d
nur: Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, lässt es nicht zu, dass er wissentlich unrichtige Behauptungen aufstellt, um sich oder seinem Klienten Vorteile zu verschaffen. (T1) Veröff: SZ 70/14
1 Ob 291/01b
Entscheidungstext OGH 17.12.2001 1 Ob 291/01b
nur: Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. (T2); Beisatz: Die unrichtige Information durch den Klienten enthebt den Rechtsanwalt nicht von seiner Verpflichtung, auf die rechtlichen Konsequenzen hinzuweisen, die sich aus dem Umstand ergeben, dass die Unrichtigkeit der Informationen eindeutig zutage trat. (T3)
9 Bkd 3/02
Entscheidungstext OGH 09.12.2002 9 Bkd 3/02
nur: Die in § 178 ZPO angeordnete Wahrheitspflicht gilt nicht nur für den Klienten, sondern auch für dessen Rechtsvertreter. (T4)
9 Bkd 1/03
Entscheidungstext OGH 24.03.2003 9 Bkd 1/03
nur: Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen, lässt es nicht zu, dass er wissentlich unrichtige Behauptungen aufstellt, um sich oder seinem Klienten Vorteile zu verschaffen. (T5)
6 Ob 56/05m
Entscheidungstext OGH 06.10.2005 6 Ob 56/05m
Auch; nur T5; nur T4; Beisatz: Hier: Zur Frage, ob dem Rechtsanwalt ein haftungsbegründender Vertretungsfehler vorzuwerfen ist. (T6)
15 Bkd 2/07
Entscheidungstext OGH 26.11.2007 15 Bkd 2/07
Vgl; Beisatz: Die in § 178 ZPO normierte Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht bezieht sich nicht nur auf Klagen, sondern auch auf Vorbringen der Rechtsanwälte in Schriftsätzen und Mahnschreiben. (T7)
10 Bkd 6/07
Entscheidungstext OGH 02.06.2008 10 Bkd 6/07
Auch; Beisatz: Das Prozessförderungsgebot bezieht sich nicht nur auf mündliche Vorträge, sondern auch auf Schriftsätze. (T8)
15 Bkd 5/08
Entscheidungstext OGH 02.03.2009 15 Bkd 5/08
Auch; nur T5; Beisatz: Stellt ein Rechtsanwalt wissentlich unwahre Behauptungen auf, um ein (wenn auch amtswegiges) Verfahren (hier: nach dem Liegenschaftsteilungsgesetz) auszulösen, so handelt er disziplinär. (T9)
5 Bkd 1/08
Entscheidungstext OGH 24.11.2008 5 Bkd 1/08
Vgl auch; Beisatz: Hier: Wahrheitswidrige Behauptung des Rechtsanwalts, es existiere ein Treuhanderlag seines Mandanten bei seiner Kanzlei. (T10)
16 Bkd 3/09
Entscheidungstext OGH 19.04.2010 16 Bkd 3/09
Auch; nur T4; Beis wie T7
16 Bkd 2/11
Entscheidungstext OGH 21.05.2012 16 Bkd 2/11
Ähnlich; Beisatz: Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht lässt es nicht zu, dass der Anwalt unter Einsatz seiner anwaltlichen Autorität gegenüber dem anwaltlich nicht vertretenen Dienstgeber des Gegners seiner Mandantin den Eindruck erweckt, ihn treffe eine Vorlagepflicht der Urkunden. (T11)
9 Bkd 1/12
Entscheidungstext OGH 25.06.2012 9 Bkd 1/12
nur T1
16 Bkd 3/12
Entscheidungstext OGH 06.05.2013 16 Bkd 3/12
25 Os 8/14k
Entscheidungstext OGH 05.08.2014 25 Os 8/14k
Auch
29 Os 2/14g
Entscheidungstext OGH 24.09.2015 29 Os 2/14g
Auch
Schlagworte
Parteienvertreter
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1993:RS0036733
Im RIS seit
15.06.1997
Zuletzt aktualisiert am
30.10.2015
Dokumentnummer
JJR_19930628_OGH0002_002BKD00002_9200000_001
§ 396 ZPO
Gesetzestext (Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 2016-07-08)
(1) Erstattet der Beklagte die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig, so ist auf Antrag des Klägers ein Versäumungsurteil zu fällen. Sein auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezügliches tatsächliches Vorbringen ist für wahr zu halten, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird, und auf dieser Grundlage über das Klagebegehren zu erkennen.
(2) Bleibt eine der Parteien nach rechtzeitig erstatteter Klagebeantwortung oder nach rechtzeitigem Einspruch von einer Tagsatzung aus, bevor sie sich durch mündliches Vorbringen zur Hauptsache in den Streit eingelassen hat, so ist auf Antrag der erschienenen Partei ein Versäumungsurteil nach Abs. 1 zu fällen.
(3) Hat aber der Beklagte eine noch wahrzunehmende Prozesseinrede erhoben, so kann ein Versäumungsurteil nicht vor ihrer Verwerfung gefällt werden.
(4) Die Folgen der Versäumung (§ 144) treten von selbst ein. § 145 ist nicht anzuwenden.
Gericht
OGH
Dokumenttyp
Rechtssatz
Rechtssatznummer
RS0036674
Geschäftszahl
6Ob67/71; 1Ob188/06p
Entscheidungsdatum
31.03.1971
Norm
ZPO §133 Abs2
ZPO §176
ZPO §182
ZPO §396 B
Rechtssatz
Auch die bloße Bestreitung des Vorbringens der Gegenseite ist eine Tatsachenbehauptung, die gemäß § 396 ZPO für wahr zu halten ist. Der bloße Antrag auf Fällung eines "negativen Versäumungsurteils" genügt aber nicht, denn ein solcher Antrag lässt mangels jeder Äußerung der tätigen Partei über die Tatsachengrundlage der Entscheidung nicht erkennen, von welcher tatsächlichen Voraussetzung die antragstellende Partei ausgeht. Der Antrag auf Klagsabweisung könnte sich nämlich auf rechtliche Erwägungen, aber auch auf Tatsachen gründen, die die Richtigkeit der Klagsangaben unberührt lassen wie Verzicht, Gegenforderung etc. In einem solchen Fall hat das Gericht die beklagte Partei zum Verhandeln durch Aufstellung von Tatsachenbehauptungen zu veranlassen.