Ein Glücksfall für die Grazer Oper ist Maximilian von Mayenburgs Debutanten-Werk in der Landeshauptstadt.
Passend zur beschwingten Musik Mozarts arbeitet er leichtfüssig den bitteren Ernst und die sozialkritische Komponente des Werkes heraus. Kritik übt sich meist am leichtesten, wenn man sie hinter einem Lachen verbirgt.
Wie die riesige Uhr am Schloss des Grafen Almaviva (Markus Butter) erkennen lässt, spielen sich an nur einem einzigen Tag eine Vielzahl von Irrungen, Wirrungen, Intrigen, Gefühlsausbrüche und, ja, eine Revolution im Universum des Figaro (Peter Kellner) ab.
Beaumarchais‘ Stück, das die Vorlage für diese Opera buffa lieferte, lässt bereits mit dem Titel keinen Zweifel daran, dass man es hier mit Aufklärung at its best zu tun hat. Nicht länger stehen der Graf und dessen Liebesglück im Zentrum des Interesses, sondern jenes des Barbiers und der Zofe.
Im Barbier von Sevilla half Figaro Almaviva noch dabei, seine Rosina (Oksana Sekerina) zu erobern und zu heiraten. Aber warum sollte es einem Grafen besser ergehen, als einem Normalsterblichen und so wird auch bei ihm aus „Sex And The City“ die „Desperate Housewives“. Rosina fühlt sich vernachlässigt. Schon lange hat ihr Ehemann nur noch Augen für andere Frauen. Das Feuer der Liebe zwischen den Eheleuten brodelt nur noch auf Zimmertemperatur.
Dafür hat es sich Almaviva zum Hobby gemacht, eine Schürze nach der anderen zu jagen. Aktuell gilt sein gesteigertes Interesse Susanna (Tetiana Miyus), Figaros Verlobten. Dabei steht aber die Figaros Hochzeit ins Haus! Dann kommt noch der liebestollte Jüngling Cherubino (Anna Brull) dazu, der der Gräfin an die Wäsche will. Marcellina (Yuan Zhang) will wiederum Figaro zur Ehe mit ihr nötigen, wird aber letztlich zusammen mit ihrem Liebhaber Bartolo (Wilfried Zelinka) zu Eltern. Das Drama nimmt seinen Lauf.
Bereits als Figaro vom Graf als „Signor Contino“, also vom Gräflein, sing, ist klar, wohin die Reise geht. Almaviva merkt nicht, dass er bereits angezählt ist. Während dieser noch überlegt, das „jus primae noctis“ wieder einzuführen, haben die Henker bereits die Guillotine, als ‚Vorschau auf die französische Revolution, für ihn vorbereitet. Liberté, égalité, fraternité.
Bei allen Albernheiten kommt der ernste Kern der Sache nicht zu kurz. Von Mayenburg transportiert ganz beiläufig und mühelos die Kernbotschaft und lässt dennoch genug Raum für den Klamauk, der zweifelsohne zu Figaros Hochzeit gehört.
Stephan Prattes Bühnenbild erweist sich als wunderbar wandelbar wird zu einer stimmigen Einheit mit dem Spiel der Protagonisten.
Stimmlich konnten alle Sänger überzeugen und transportierten die bezaubernde Musik Mozarts (musikalische Leitung Marco Comin) mitten in die Herzen des Publikums.
Dass das Opernhaus nicht komplett ausverkauft war, ist wohl eher dem etwas ungünstig gewählten Premierentermin, als der Aufführung geschuldet.
KWH