Eigentlich kennt man sie mehr aus den Märchen – die Rittergeschichten, in denen Männer bereit sind, ihr Leben für die geringste Zuwendung einer Frau zu opfern. Die Realität ist jedoch anders. Romaine Vole (Katharina Stemberger), die deutsche Ehefrau des arbeitslosen Handelsvertreters Leonard Vole (Chris Polik), in Wahrheit Christine Helm, ist bereit, für das Wohl ihres Geliebten ihre eigene Freiheit zu opfern. Doch der befreite Mann hält nicht viel davon.
Verzweifelt über die Verhaftung ihres Ehemannes stellt Christine Helm der Jury einen durchdachten Plan vor. Sie bezeichnet Leonard Vole als schuldig. Im Endeffekt dreht sie ihr Spiel so, als ob ihre Aussagen ihr dazu verhelfen sollten, ihren Mann, den sie nie geliebt hatte und dem sie auch ihre Rettung nicht verdankt, los zu werden. Dann könnte sie mit einem unbekannten Max, mit dem sie seit Jahren einen Briefwechsel führt, fliehen.
Für welche Heldentaten eine Frau fähig ist, wenn sie für einen Mann kämpft! So eine Aufopferung ist eher Männersache. Das andere Motiv wäre, wenn Christine Helm in ihrem Ehemann ein Kind sähe, dass sie schützen will.
Umso bitterer ist ihre Verzweiflung, wenn ihr “Baby” ihre Fürsorge und Aufopferung zwar annimmt, sie aber gleichzeitig für diese auslacht und mit einer anderen Frau vor ihrer Nase weg läuft. Die Enttäuschung ist unbeschreiblich. Man teilt nicht gern. Wenn sie den Mann, der sie verraten und alleine sitzen gelassen hat, nicht haben kann, dann soll ihn auch niemand anderer haben. In ihrer Wut ersticht sie Leonard Vole.
Das Theaterstück “The Witness for the prosecution” (Die Zeugin der Anklage) erzählt von einer Selbstaufopferung, die diejenige, die sich aufgeopfert hat, zerstört und ihr selbst Schmerzen zufügt.
Die wohl berechtigte Frage: aber wohin mit der Liebe? Am besten auf eine neue warten. Denn was ist das für ein Vater für die Kinder, der fürs Vermögen tötet und durch Ausschweifungen und falsches Spiel noch zu seiner Freiheit kommt.
Die Bühne des neobarocken Gebäudes des Vienna English Theatre war dezent im englischen Stil gehalten. Eine Klappwand, die sich aus der Kanzlei von Sir Wilfrid Robarts (Robin Kingsland) in den Verhandlungssaal (Central Criminal Court, London) verwandelt, ist eine perfekte Wahl für die kleine Bühne.
Als besonders emotional kann man das Schauspiel bezeichnen. Denn während der Verbeugung schien Katharina Stemberger (Rolle von Romaine) nicht ganz aus ihrer exzentrischen und anspruchsvollen Rolle herausgekommen zu sein.
VS