04.06.2010 |
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Der Jäger Gracchus – Uraufführung
Die Wiener Experdithalle versetzt den Zuschauer bei der Uraufführung der Romandramatisierung „Der Jäger Gracchus“ in eine frühere Zeit.
Der Roman „Der Jäger Gracchus“ wurde 1917 von Franz Kafka (Die Verwandlung, Der Prozess,...) verfasst und posthum veröffentlicht. Vom 26. Juni bis 03. Juli wird durch die Dramatisierung ein wesentlicher Teil der Literaturgeschichte auf die Bühne gebracht. Die österreichische Komponistin Olga Neuwirth unterstützt mit Musikstücken vom Band die neue Produktion von „Oper unterwegs“. Für die Soundeffekte sorgt Jörg Behrens. Und die traditionelle Schiene wird von drei Alphornisten live abgedeckt.
Franz Kafka gilt als einer der bedeutendsten Literaten, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Detailliert beschreibt er die Umgebung und die stattfindenden Ereignisse. Wesentlich unterscheiden sich seine Romane jedoch vor allem durch die Wichtigkeit der Charakterzeichungen, die der menschlichen Psyche tiefere Bedeutung zukommen lassen.
Im 20. Jahrhundert etablierte sich das Personale Erzählverhalten in der Literatur. Die Erzählfigur galt nicht mehr als eine zwingende Notwendigkeit und man wechselte die Perspektiven, wobei häufig die Sicht der handelnden Figur geschildert wurde. Persönliche Emotionen erlangten durch diese Entwicklung höheren Stellenwert in der Literaturgeschichte, was sich auch deutlich in den Romanen Kafkas abzeichnet.
Kafkas Roman „Der Jäger Gracchus“ handelt von einem Mann, der bereits den Tod am eigenen Leib erfahren durfte, sich jedoch immer noch zwischen dem Diesseits und Jenseits bewegt. Allzu lieb wäre ihm der Tod gewesen, auch wenn er sich des Lebens zuvor erfreut hatte. Der Kahn, welcher ihn ursprünglich ins Jenseits befördern hätte sollen, fährt seit vielen Jahren in den irdischen Gewässern umher. So gelangt der Jäger Gracchus in den Ort Riva am Gardasee.
„Der Jäger Gracchus“ war ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit vorgesehen. Franz Kafka forderte zu Lebzeiten, all seine literarischen Hinterlassenschaften nach seinem Tod „restlos und ungelesen zu verbrennen“. Sein Freund Max Brod widersetzte sich jedoch dessen Willen und veröffentlichte 1925 etliche Romane, Fragmente, Briefe und Tagebücher, ohne die die Literatur heute um einiges ärmer wär.
Als Spielort des Theaterstücks „Der Jäger Gracchus“ dient die historische Experdithalle der Ankerbrotfabrik in Wien/Favoriten. Gute Akustik ist garantiert. Karten sind bereits im Vorverkauf erhältlich bei oper-unterwegs.at
(ik)
Fotos: Charlotte Oswald
Helmut Pokornig