Ohr, Augenbraue, Nase, Mund/Zunge, Brust, Intim, Surface, aber auch diverse Implantate.
Bereits bei der telefonischen Terminvereinbarung wird man durch nette MitarbeiterInnen Anfragen freundlich und unkompliziert bedient; auf sonstige Anliegen wird ebenfalls eingegangen.
Das Studio: Hygiene – top. Angst – not.
Durch die nette und intime Atmosphäre schindet die Angst mit der Zeit, denn alle Fragen werden vom Piercer ausführlich beantwortet.
Nachdem das sterile und hygienische Material, bzw. Werkzeug hergerichtet wird, wird der Ablauf Schritt für Schritt im Vorhinein erklärt.
Durch die anschließende verbale Ablenkung wird der Schmerz dann so gut wie gar nicht wahrgenommen.
Letzten Endes werden noch Pflegeanweisungen- und tipps mit auf den Weg gegeben und auf eine sogenannte „Nachbegutachtung“ und wechseln des Erstschmucks in ein paar Wochen angewiesen.
Ein Interview mit Dr. Marc-André Stingel (Piercer und Inhaber)
Marc, ich habe auf Deiner Internetseite trend-agent.at gelesen, dass Du in Deutschland Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften studiert hast – wie bist Du auf den Job als Piercer gekommen? Wann war der Zeitpunkt, an dem Du gesagt hast: „Ja, das ist meine Leidenschaft, die ich auch mit dem Beruf verknüpfen möchte“?
Die Grundidee kam, nachdem hier das Geschäft geöffnet wurde, da es vom Verkauf her bereits sehr piercinglastig war. Dann habe ich gesagt, dass ich selbst pierce, da ich es einerseits kann, andererseits der Spaß mit Kunden zusammen zu arbeiten gegeben war und ist. Die Möglichkeit hat sich dann eben ergeben. Das alles wurde aus der Nachfrage heraus geboren.
Was meinten Deine Familie und Freunde zu dieser Art von Job? Nachdem Du ja ursprünglich etwas anderes studiert hast.
Ich nutze und lasse mein BWL- und Medizin-Repertoire ebenfalls einfließen.
Die jungen Leute fanden es gut, da es an sich eine hervorragende Geschäftsidee ist. Meine Eltern waren am Anfang jedoch negativ eingestimmt, da das Piercen einen schlechten Ruf hat. Nachdem sie aber gesehen haben, auf welchem Niveau wir hier arbeiten und ich auch mit der Wirtschaftskammer zusammenarbeite - außerdem Hygienestandards setze und definiert habe – fanden sie es mit der Zeit toll, da Meilensteine gesetzt wurden.
Warum bist Du ausgerechnet nach Österreich übersiedelt; weshalb aus Deutschland weggezogen?
Nach dem Studium in München wollte ich etwas Neues sehen und kennenlernen. Die Österreicher liegen mir von der Mentalität her nahe, sprich: Sie sind ähnlich wie die Bayern, somit war das eine ganz einfache Entscheidung.
Wie unterscheidet sich das österreichische Klientel vom Nachbar Deutschland? Gibt es da überhaupt einen signifikanten Unterschied in Punkto Bedürfnisse oder Geschmäcker?
Ich würde sagen, dass die österreichische Jugend offener ist was Piercings und Tattoos angeht. Außerdem finde ich, dass sie ihre Lebensphilosophie einfach leben, sich bewusst für ein Piercing entscheiden und es dann auch tragen. In Deutschland wird sehr viel abgewogen: Was sagt die Familie? Was sagen andere Leute dazu?
Von welchem Piercing kann man sagen, dass es die größte Nachfrage mit sich bringt und zurzeit stark im Trend ist? In den 90er Jahren haben ja beispielsweise Bauchnabelpiercings ein „hoch“ erlebt.
Es hat sich nie etwas geändert, die Nachfrage wird lediglich durch die Altersschicht definiert. Das heißt, zwischen 14 und 18 Jahren sind Bauchnabelpiercings „in“, danach kommen Piercings im Mundbereich und Ohr. Im höheren Alter geht es in Richtung Intimpiercing. Das bedeutet, jede Altersschicht hat ein Piercing, welches sie bevorzugt.
Du hast diverse Auszeichnungen und Zertifikate bekommen, überdies auch einen Konsumenten-Test mit „sehr gut“ bestanden. Mit welchen Werkzeugen arbeitest Du und was ist Dir besonders wichtig, um die Kundenzufriedenheit aufrecht zu erhalten?
Ich arbeite ausschließlich mit sterilem Werkzeug, das nach einmaliger Benutzung komplett entsorgt wird - so auch der gesamte restliche Instrumentenkreislauf. Es wird bei jedem Kunden – egal was ich tue, auch wenn ich nur eine Kugel aufschraube – alles steril verwendet.
Mir ist wichtig, dass der Kunde Mitspracherecht hat, Eigenbestimmung und die Möglichkeit hat abzuwägen, ob das Piercing eventuell einen Millimeter weiter hinunter verschoben werden soll, ob derjenige oder diejenige es überhaupt noch will, ob dem Kunde das Risiko, bzw. Abheilzeit, überhaupt wert ist. Wenn ein klares "Ja" hervorgeht, dann steche ich es. Mir liegt also die Kundenzufriedenheit, Sicherheit und Hygiene sehr am Herzen.
Bildest Du auch InteressentInnen aus?
Jein. Ich habe immer wieder Leute, die mich für Kurse buchen. Anfragen habe ich vom WiFi, was ich zeitlich leider nicht schaffe, da ich einfach viel zu viel zu tun habe. Das Fachgespräch mit Arbeitsprobe mache ich für die Wirtschaftskammer und stehe als Fachexperte der Innung zur Verfügung.
Praktika sind hier sehr schwer durchzuziehen, da man in einem kleinen Raum arbeiten muss und ein Praktikant kaum Ahnung mitbringt, somit wird der Ablauf der Hygiene und Sterilität dadurch gefährdet. Es ist sehr schwer Nachwuchs zu finden, bin jedoch sehr dafür einen Lehrberuf zu gründen. Das habe ich bereits mit der Wirtschaftskammer besprochen, da eine hohe Nachfrage besteht - das problematische daran ist derzeit noch die Umsetzung.
Interessenten gibt es aber viele. Ich bekomme tausende E-Mails und Anfragen wie dies und das denn funktioniert, da viele darin auch den Traumjob sehen. Leider braucht man erst einmal Geld für die Kurse, nach den Kursen kann man erstmals nicht piercen, da man zuerst Praxis sammeln muss und die reine Grundkenntnis dafür nicht ausreicht.
Und Deine Zukunft, wie sieht diese in 10-15 Jahren aus? Findet man Dich hier wieder, oder gedenkst du eventuell den Job zu wechseln?
Das Geschäft wird es jedenfalls weiterhin geben. Mich als Piercer wahrscheinlich nicht, weil ich mich auch weiterdefinieren möchte. Die Frage ist, ob ich mit 45 Jahren noch 14jährigen Mädels Bauchnabelpiercings stechen möchte, bzw tue. Vielleicht werde ich einen Nachfolger hier im Studio einschulen, wobei dieser meine Philosophie zu hundert Prozent weiterführen muss. Ich werde aber sicherlich aus Spaß an der Freude auch ab und an piercen – ganz genau kann ich das noch nicht sagen.
Was steckt hinter der Philosophie – was ist Dein Motto?
Kundenzufriedenheit. Diese muss an erster Stelle stehen – der Kunde muss sich einfach aufgehoben fühlen und mit allen Fragen und Problemen gerne herkommen können, ohne Angst zu haben, eine blöde Antwort zu bekommen. Die Philosophie: Ich stehe hinter der Hygiene, der Genauigkeit, der Präzision und dem Standard, der hier gepflegt wird. Ich möchte es einfach perfekt machen.
So ist auch das neue Gütessigel der Hepatits Hilfe Österreich etwas worauf ich sehr stolz bin! Ich bin bei der Entstehung maßgeblich mit der Landesinnung Wien beteiligt gewesen, die mich mit der Ausarbeitung um Hilfe bat. So waren wir dann das erste Unternehmen das das Siegel verliehen bekam! Das Gütesiegel knüpft dort an, wo das Hygienezertifikat endet. Es ist eine Fleißarbeit die sich ein auf Hygiene orientiertes Unternehmen antun sollte, um den Kunden ein Maximum an Sicherheit und Dokumentation innerhalb des Unternehmens zu kommunizieren.
Alles in allem gilt bei uns: „Safety First“.
Crista-Alexandra Mateias (mca)
Fotos: ButterflySha, mca