Die fantastische Welt von Oz ist eine Art Vorgeschichte zu L. Frank Baums 1900 erschienenem Roman “Der Zauberer von Oz” (“The Wonderful Wizard of Oz“). Dessen Verfilmung 1939, die wir alle kennen und lieben, mit Judy Garland als Dorothy und Margaret Hamilton als die „Wicked Witch of the West“, sollt nun mit „OZ – The Great and Powerful“ einiges an Licht auf die Geschichte des Zauberers und dessen Leben werfen, bevor er Vogelscheuche, Blechmann und ängstlichem Löwen zur Hilfe eilen wird.
Sam Raimi, Regisseur der Spider-Man Trilogie, nimmt sich nun diseses sort-of-Prequels an, um dem Publikum einen tieferen Einblick in die Welt des Zauberlandes OZ zu bescheren.
Altbekannte Gesichter und Lieblinge Raimis tauchen auch in seinem neuesten Werk auf, wie der schrullig-komische Bruce Campbell, der in jeder der drei Spider-Man-Filme eine kleine Nebenrolle bekam (nebenbei bemerkt, als immer anderer Charakter); nicht zu vergessen war er als Ash in Raimis Horrorklassiker der 80er Jahre „The Evil Dead“ (dt.„Tanz der Teufel“) zu sehen, der wiederum am 16. Mai dieses Jahres ein Revival erleben wird - mit neuen Schauspielern, aber alter Story. Auch in OZ -The Great and Powerful bekommt der amerikanische Schauspieler Campbell eine lustige Gastrolle (oder engl: "cameo"), die stark an jene Rollen in Spider-Man 1/2/3 erinnert.
"OZ - The Great and Powerful", © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
OZ-born
Wir treffen auf allerhand Top Schauspieler von Rachel Weisz bis James Franco, von denen man eigentlich nicht genug sehen kann. Der Film bietet so ziemlich alles, was man sich von einem Fantasywerk erwartet und sowohl Schauspieler als auch 3D-Technologie tun ihr möglichstes, um uns vom Hocker zu hauen.
James Franco ("
Spider-Man", "1
27 Hours", "
Milk", "
Freaks and Geeks") beispielsweise zählt wohl zu den charismatischsten Jungschauspielern zurzeit, und kann mit seinem breiten – zugegeben etwas schelmischen - Grinsen auch noch den letzten Zuschauer im Kinosaal zum Schmunzeln bringen. Es zeigt sich deutlich, dass sich James Franco wohl in nächster Zeit keine Sorgen mehr um Stellenangebote machen muss. Alleine in diesem Jahr werden wir 8 Filme des gebürtigen Kaliforniers bestaunen können, darunter den Film „
The World’s End“, bei dem der Schauspieler - neben einigen anderen - sich selbst darstellen wird. James Franco erhielt zudem am 7. März seinen
Stern am Walk of Fame – der Ruhmesmeile am Hollywood Boulevard.
Seine Darstellung des Selbst-Amputierten und Abenteurers/Kletterjunkies Aron Ralston in Danny Boyles „
127 Hours“ (2010) brachte ihm zwar keinen Gewinn, aber zumindest eine Oscarnominierung im Februar 2011 ein. Der Preis ging nämlich an
Colin Firth ("
The King's Speech"), der nicht nur als King George VI., sondern dann auch bei der 83. Academy-Awards-Verleihung eine königliche Rede halten durfte. Die spinnen, die Briten.
Rachel Weisz ("Evanora"), James Franco ("Oz"), © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
Weisz - the Great and Wonderful
Apropos Briten:
Rachel Weisz ("
Der ewige Gärtner", "
Die Mumie", "
Constantine", "
Runaway Jury") ist neben James Franco DIE Person, die dem Film das gewisse Etwas gibt. Die teils witzige, teils dramatische Story des Filmes wäre ohne diese beiden Schauspieler nichts. Es zählt nun einmal nicht nur das, was auf dem Papier steht, sondern wird durch die Performance des Casts erst zum Leben erweckt. Und, wie schon mehrmals erwähnt, steht und fällt der Erfolg eines Filmes mit dem Gegenspieler.
Kein
John McClane ohne Hans Gruber, kein Harry Potter ohne Voldemort, kein Batman ohne Joker, kein Spider-Man ohne Doc Ock.
So liefert Rachel Weisz eine klassische, wenn auch klischeebeladene Performance ab. Der Film mag zwar voller Kischees sein, dies stört hier allerdings wenig. Ihr Charakter, Evanora, ist ferner die einzige der Hexen, die gegen Oz‘ Charme immun zu sein scheint. Dies macht sie nochmal mehr sympathisch, gerade auch deshalb, weil James Franco seinen Charme nur so versprüht.
Evanora, die Hüterin des Thrones in der Smaragdenstadt, die bis zum Erscheinen des wahren Zauberers, der das Land Oz von der Tyrannei der bösen Hexe des Westens befreien soll, eben diese „Emerald City“ bewahren soll, bewahrt nebenbei auch in so ziemlich in jeder Situation die Kontrolle. Sie weiß alles, sie sieht alles, sie hört alles. Rachel Weisz - the Great and Wonderful.
Mila Kunis ("Theodora"), James Franco ("Oz/Oscar Diggs"), © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
Oscar Diggs: Witchhunter.
Der Wanderzirkus-Magier, Oscar Diggs aus Kansas, wird nun in diese fantastische Welt hineingezogen und muss die böse Hexe des Westens vernichten, um den Thron und alles, was damit noch so kommt, übernehmen zu können. Der Anblick des Goldes ist der Anstoß, den der Zauberer braucht, um eben jene Aufgabe anzugehen. Mit dem zuvor geretteten fliegenden Affen Finley (
Zach Braff), der ab nun in seiner Schuld steht, im Schlepptau macht sich Oscar, kurz "Oz", auf den Weg gen Westen.
Unterwegs kommen die beiden an einer Stadt aus Porzellan vorbei (China Town!) und treffen dort auf das Porzellanmädchen (Joey King), das wir natürlich sofort ins Herz schließen – Oz eingeschlossen. So schnell wird er die beiden wohl nicht mehr los. Das ungleiche Trio folgt nun dem gelben Ziegelsteinweg bis zur Quelle allen Übels. Let’s kill ourselves a witch!
OZ (James Franco, links) und Finley (Zach Braff, rechts), © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
Parallel Universe
Ähnlich wie Dorothy im Filmklassiker aus 1939 zieht auch Oz Parallelen zwischen seiner, der „alten“ Welt in Kansas und dem Wunderland OZ, in das er hineingerät. Ein paar Bekannte aus der Heimat finden sich plötzlich als wundersame Wesen des Landes OZ wieder. Oz‘ alte Flamme Annie (Michelle Williams) wird zur guten Hexe Glinda und so lassen die Drehbuchschreiber dem Zuschauer wohl einen klitzekleinen Hinweis zukommen, welche beiden dann das Happy End zusammen - als Paar - feiern werden.
Der Magier-Assistent Frank, gespielt von Scrubs-Anfänger Zach Braff, ist auch in der fantastischen Welt von OZ so etwas wie ein Assistent – und wird als der fliegende Affe Finley „wiedergeboren“.
Die wohl interessanteste und zugleich herzerwärmendste Brücke zwischen Realität und OZ ist das Porzellanmädchen („China Girl“), dessen Beine von den Lakaien der bösen Hexe des Westens (die berühmten fliegenden Affen – hier fliegende Paviane) zerstört und dann von OZ repariert werden. Zuvor, also als die Geschichte sich noch in Kansas abspielt, kommt ein Mädchen im Rollstuhl sitzend zu Oscar, um sich von dem vermeintlichen Zauberer heilen zu lassen. Make me walk! Die Jungschauspielerin Joey King leiht hier die Stimme - King kennen wir unter anderem als junge Miranda Tate/Talia al Ghul aus "The Dark Knight Rises".
Der Goldschatz von OZ. Oz (James Franco, l.), Evanora (Rachel Weisz, r.). © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
Monkey Business
Anfangs teilweise überspitzt, theatralisch gespielt, zerstreut sich die Skepsis über die Darstellung der fantastischen Figuren relativ schnell – denn alles fügt sich in der ersten halben Stunde des Filmes doch noch perfekt zusammen – zumindest, was die Performance der Schauspieler betrifft.
Man fragt sich allerdings dann doch öfters, welchen Sinn die Story genau hat. Die Erzählung ist teilweise etwas verwirrend und die Intention schleierhaft. Man ist sich nicht ganz klar, ob das Erlebnis des Magiers nur ein Traum desselben sein soll. Ein seltsames Ende tut dem ganzen ebenso nichts Gutes – wie ein Abschied aufgezogen und den Zuschauer verwirrend ist es nämlich. Wir wissen ja von der Buchvorlage des „Zauberers von Oz“, dass der Zauberer dann tatsächlich in OZ bleiben wird, um den Bewohnern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Umso unübersichtlicher scheint es, dass Oz jedem seiner Mitstreiter gegen Ende ein Geschenk gibt. Ebenso hätte der Zauberer plötzlich aufwachen und sich in Kansas wiederfinden können, um seine Angebetete, Annie aus Kansas, zu heiraten (die ihn zuvor von dem Heiratsantrag eines Verehrers in Kenntnis setzt). Click your red heels together, Oscar - you’re going home.
Über weite Strecken ist „OZ – the Great and Powerful“ dann doch ein sehr liebevoll gemachtes, wundervoll gespieltes und generell ein sehr lustiges Stück Film.
Die 3D-Verarbeitung ist die erste Zeit noch etwas irritierend – zumindest in einigen, wenigen Momenten. Aber sobald der Zauberer sein Wunderland erreicht, ist das alles vergessen. Was anfänglich eine schwarz-weiß-bebildete Leinwand ist, bekommt mit dem Auftauchen der Fantasywelt OZ Farbe eingehaucht.
Die Schwestern Evanora (Rachel Weisz, l.), Theodora (Mila Kunis, r.). © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013
The good, the bad and the ugly
Wir kennen zumindest zwei der drei Hexen noch aus dem bekannten Buch Frank Baums (und natürlich dem Film aus 1939 mit Judy Garland) – Glinda (
Michelle Williams) und Theodora (
Mila Kunis). Theodora, die anfangs noch an das Gute glaubt und „nur Frieden will“; Theodora, die sich am Anfang als „Theodora The Good“ vorstellt, wird sich gen Ende des Filmes wohl einen neuen Namen zulegen müssen. Getrieben von Hass auf den Zauberer Oz schließt sie sich ihrer bösen Schwester Evanora an.
Warum die schöne Theorora die Seiten wechselt, soll hier nicht in allen Details vorweg genommen werden. Sicher ist, dass hier ein plot twist den nächsten Jagd (plot twist=unerwartete Wendung in einer Geschichte) und man eigentlich nie zur Ruhe kommt. Und das ist auch gut so. So verworren die Story im ersten Moment scheinen mag, so klar ist sie im Endeffekt - was das untergründige Thema betrifft. Die verschmähte Frau, die eifersüchtige Schwester, der Frauenheld, die bemutternde Frau - die alltäglichen Geschichten des Lebens wird man hier - natürlich überspitzt - wiederfinden. Was uns bewegt, wird zu einem fantastischen Werk ausgearbeitet, verbessert - pimp the story of my life.
"China Girl" (Joey King, links), Oz (James Franco, rechts) am Scheideweg, © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013.
An apple a day keeps the wizard away.
Die böse Hexe des Westens ist zwar im Filmklassiker der 1930er Jahre "The Wonderful Wizard of Oz" wesentlich gruseliger als die neue Version von 2013 - aber die "neue" Hexe immer noch kultig genug, um vielleicht so manches Kleinkind zu erschrecken. Wir Erwachsenen haben allerdings meistens nicht das Gefühl, vor einer richtigen Hexe zu stehen und das nur wenig Gruselige an der Figur ist dann doch für meinen Geschmack ein Schritt in die falsche Richtung. Darf's ein bisserl mehr sein? - Ja, bitte. Ziel war es, die Verkörperung der Hexe aus 1939 nicht zu kopieren, dennoch ähnlich genug zu gestalten, um einen gewissen Wiedererkennungseffekt zu erzielen. Mila Kunis gibt eine perfekte kultig-klischeehaft-übertriebene böse Hexe - mit bösem, schrillen Lachen - zum Besten, was zweifelsfrei hier die richtige Entscheidung war, auch wenn mir persönlich der Look nicht gefällt.
"OZ - The Great and Powerful" läuft mit Metaphern nur so über - erinnern Sie sich noch, dass der Biss in einen Apfel den Weg in die Verdammnis einläutet? Der Biss in diesen sauren Apfel - von der hinterlistigen Schlage Evanora angeboten - dürfte Theodora zumindest den Zauberer vom Leibe halten.
Der fliegende Affe Finley (Zach Braff), © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013.
The Bold and the Beautiful
Wir haben drei Hexen - allesamt wunderschön - zumindest augenscheinlich. Man muss nicht lange raten, um den Bösewicht - oder die Bösewichtin - der Geschichte ausfindig zu machen. Wer, glauben Sie, ist der Übeltäter in dieser Geschichte: Die blonde Schöne, die etwas naiv wirkende Brünette oder die dunkelhaarige, grüne Kleidung tragende Engländerin? Bingo! Mutig und keck ist wohl aber jede der drei Schönen und so ist es sehr amüsant, mitanzusehen, wie sich die Geschichte um Oscar und seine Entwicklung zum Zauberer von Oz entfaltet und wie sich deren Rollen in dieser Mär herausbilden.
Einige der Schönheiten werden gegen Ende des Filmes nicht mehr als "schön" bezeichnet werden dürfen. Hass macht offenbar wirklich hässlich - und kehrt das Innere nach außen.
Indeed - you're not in Kansas anymore.
Oscar (James Franco) und Theodora (Mila Kunis) laufen um ihr Leben, © Getty Images. Dreamworks Pictures 2013.
Ding, dong, the witch is…
... not quite dead yet. Der Film hat zwar ein Happy End, aber dann doch wieder nicht. Schließlich wissen wir ja, wie es in Zukunft weiter gehen wird. Alle Mal das, das uns in den bekannten "Fortsetzungen" mit Dorothy & Co. gezeigt wird. Die bösen Hexen (des Westens und Ostens) sind ja schließlich am Anfang des Filmes "Der Zauberer von Oz" noch am Leben und so auch am Ende dieses schönen Streifens.
Alte Fragen werden beantwortet, neue kommen auf. Wie wird es nun weitergehen? Wie lange werden sich Glinda und der Zauberer gegen die bösen Hexen behaupten können? Wann wird die böse Hexe des Westens ihren Groll, den sie gegen Oz hegt, ausleben können? Wie kommt die böse Hexe des Westens in den Besitz der berühmten, magischen, roten Schuhe, die Dorothy in Zukunft nach Hause bringen werden?
Diese Fragen werden womöglich - mit ziemlicher Sicherheit sogar - in folgenden Fortsetzungen von "Die fantastische Welt von Oz" ("Oz - The Great and Powerful") beantwortet werden. Der Film ist jetzt schon ein Schlager und konnte bisher schon rund 41.3 Millionen US$ einspielen. Mögliche Sequels wären freilich wünschenswert.
Man kann sich sofort mit jeder der Figuren des Filmes identifizieren und fiebert mit viel Enthusiasmus mit. Vor allem der fliegende Affe Finley und das Porzellanmädchen schließt man sofort ins Herz. "OZ - The Great and Powerful" ist ein liebenswertes, lustig-amüsantes Filmwerk für Groß und (nicht allzu) Klein - wobei die "Großen" wohl mehr Spaß daran haben werden als die Kleinen.
Sabine Stenzenberger
Bildmaterial: image.net
Die fantastische Welt von Oz
Originaltitel: OZ – The Great and Powerful
Startdatum: 7.3.2013
Land: USA 2013
Regie: Sam Raimi
Drehbuch: Mitchell Kapner
Darsteller:
James Franco (Oscar Diggs/Oz)
Mila Kunis (Theodora)
Rachel Weisz (Evanora)
Michelle Williams (Annie/Glinda)
Zach Braff (Frank/Finley)
Bill Cobbs
Joey King
Tony Cox
Ted Raimi
Bruce Campbell
Abigail Spencer
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