Admiral General Aladeen hat alles – vom riesengroßen Palast über dem ihm untergebenen Volk bis hin zu ihn zu befriedigende wunderschöne Jungfrauen. Doch eines ersehnt er sich mehr als alles, was er sich je kaufen könnte – jemanden zum Kuscheln. Blöd nur, dass er jeden, dessen Verhalten ihm nicht passt, exekutieren lässt - zumindest glaubt er das. Dies auf eine für den Zuschauer sehr amüsante Art – so sagt er es demjenigen nämlich nicht direkt ins Gesicht, sondern tut so, als wäre alles in Ordnung, nur um hinter deren Rücken mit der Geste „Kopf ab“ die Exekution anzuordnen.
Meiner Ansicht nach sollte man schon nach den ersten fünf Minuten wissen, ob einem der Film zusagt oder nicht. In diesen ersten Minuten erfahren wir nämlich etwas mehr über den Diktator, in einer Art und Weise, die einem schon verrät, mit welcher Art von Humor wir es im weiteren Verlauf des Filmes noch zu tun haben werden. Wir erfahren, dass die Mutter bei der Entbindung stirbt - sie bekommt sofort danach nämlich ein Kissen aufs Gesicht gedrückt - ein cooles Wortspiel ("she died in childbirth"). Außerdem benennt Admiral General Aladeen über 300 Wörter in "Aladeen" um – wie z.B. sowohl das Wort „positiv“ als auch dessen Gegenteil „negativ“. Schon in dieser Eröffnungsszene wusste ich, dass mir der Film gefallen wird. Der Patient im Video weiß nämlich auf die Benachrichtigung des Arztes, er sei "HIV Aladeen", logischerweise nicht, wie er reagieren soll.
Als jedenfalls Aladeen eines Tages bei einem Staatsbesuch in New York seinen Bart „verliert“, erkennt ihn plötzlich niemand mehr wieder. Wir erfahren, dass Tamir (SIR BEN KINGSLEY) ihn entführen ließ, um ihn durch ein Double zu ersetzen und dann seine geliebte Heimat Wadiya in eine Demokratie verwandeln zu können - damit er die Ölressourcen des Landes an die Höchstbietenden verkaufen kann.
Das Double, ein Ziegenhirte, ist weitaus harmloser als man für einen Verschwörer in so einem Film annehmen würde. Denn der weiß gar nicht, wie ihm geschieht. So fragt er immer wieder –„where ist the surpreme leader?“, dabei war er gerade nur dazu vorgesehen, als hirnloser „Punching Bag“ zu fungieren und nach Angaben Aladeens rechter Hand Tamir (BEN KINGSLEY) „immerhin gut genug, um eine Kugel in den Kopf zu bekommen“.
Mit der Hilfe der Menschenrechtsaktivistin Zoey (ANNA FARIS), die zufällig jenes Catering-Unternehmen besitzt, das den Empfang zur Unterschrift der Unabhängigkeitserklärung von Wadiya beliefern soll, gelingt es dem Diktator, die Demokratiewerdung seines Heimatlandes zu verhindern und dessen Ölvorkommen vor Ausbeutung zu schützen.
Nicht nur die junge Frau, von der er anfangs annimmt, sie sei ein Mann, hilft ihm bei seinem Vorhaben. Der tot geglaubte Ex-Wissenschaftler namens Nadal (JASON MANTZOUKAS), der für Aladeen einst eine Atombombe bauen sollte, aber aufgrund von Differenzen "exekutiert" wurde, versucht mit allen Mitteln, ihn von den Dummheiten abzuhalten, die er aufgrund seiner Weltanschauung eben Gefahr läuft zu begehen. Den Wissenschaftler gabelt er in einem ziemlich interessanten Restaurant auf. In einem Gedankentrip durch die Vergangenheit, in der er sich an alle Personen erinnert, die er jemals exekutieren ließ, muss er erkennen, dass eigentlich gar keiner von denen umgebracht wurde und sie stattdessen zusammen ein Restaurant führen, einen "Ich-hasse-General-Aladeen-Club" sozusagen.
So dürfen wir Nadal und Aladeen, den Zoey als "Alyson Burgers" kennt (erinnert ein wenig an Adam Sandler in You don't mess with the Zohan, der sich den bescheuerten Namen "Scrappy Coco" - wie die zwei Hunde, die er auf seinem Flug nach Amerika trifft - ausdenkt) dabei zusehen, wie sie Aladeen in den Empfang schmuggeln wollen.
Die mit Abstand lustigste Szene, zählt mit Sicherheit der Hubschrauberflug mit Gotham Helicopter Tours, auf dem die beiden als Terroristen abgestempelt werden - zwar nicht zu Recht, aber verständlicherweise. Anfänglich machen sich die beiden Wadiyaner aus, wie sie die mitfahrenden US-Amerikaner überzeugen können, dass sie amerikanische Staatsbürger sind. Aladeen besteht darauf, der beste Schauspieler Wadiyas zu sein, immerhin habe er schon zwei "Wadiyan Golden Globes" gewonnen - die er sich jedoch selbstverständlich selbst verliehen hat. Der selbst ernannte Wadiyas Actor No. 1, der in Filmen wie Aladeen Jones and the Temple of Doom (Anm.: "Indiana Jones and the Temple of Doom") und You've Got Mailbomb (Anm. "You've got mail", zu deutsch "Email für dich") zu sehen, ist dann in der darauf folgenden Szene im Helikopter ein natürlich nur wenig überzeugender amerikanischer Staatsbürger.
Er versucht seinen Mitinsassen nämlich absurde Fakten wie „My Grandfather fought in the American Civil Dschihad“ aufzudrücken. Damit nicht genug, denn dann unterhält er sich, in der Meinung, er habe sein Gegenüber schon genügend zum Narren gehalten, mit Nadal in seiner Landessprache (Anm.: tatsächlich Hebräisch, der arabische Akzent macht in Cohens Falle alles), wodurch das US-Ehepaar natürlich nur Wortfetzen mitbekommt. Wortfetzen, die zur unweigerlichen Festnahme von Aladeen führen werden. So erzählt General Aladeen anfänglich, dass zur Zeit Osama Bin Laden in seinem Palast zu Gast ist. Die beiden gegenüber Sitzenden verstehen bei all dem Kauderwelsch natürlich nur die Wörter "Osama" und "Bin Laden".
Und welches Lieblingsauto hat Aladeen wohl? Porsche. Einen Porsche -911, um genau zu sein. Nadal darauf - "yeah... 9-11 - it's the best!". Den hat Aladeen erst zu Schrott gefahren (was er natürlich mit allerhand Crash-Geräuschen verdeutlicht) und hat sich schon einen neuen bestellt - einen "9-11 2012". Nadal zählt derweil auf, welche Sehenswürdigkeiten er sich ansehen sollte, wenn er schon einmal in New York City ist – Empire State Building, Yankee Stadium, - und erklärt, wie gerne er im Übrigen die Feuerwerke über der Freiheitsstatue sehen will... Und das gepaart mit schelmischem Lachen. Für den Zuschauer offensichtlich überspitzt dramatisierend bedrohliches Lachen – für die den Wadiyanern gegenübersitzenden Amerikaner im Film eine weniger lustige Situation.
Zum krönenden Abschluss berichtet Aladeen über seine Rückenprobleme und will seinem Freund zeigen, was für eine tolle Stütze er sich dafür gebastelt hat – blöd nur, dass diese genauso wie die Weste mit Sprengkörpern aussieht, wie sie Selbstmordattentäter der Al-Kaida tragen. Das Fass bringt zum Überlaufen, dass der Diktator – passend inszeniert – Nadal demonstrieren möchte, wie gut er schon Englisch spricht und jeder der beiden dem anderen in einem Wettkampf beweisen will, dass er schneller von 5 hinunter zählen kann... So ist das Missverständnis perfekt.
In einer Szene gegen Ende des Filmes erklärt Aladeen, warum es besser für die USA wäre, eine Diktatur zu werden und zählt dabei all jene Dinge auf, die in unserer heutigen Welt der Scheindemokratien sowieso praktiziert werden - Manipulation der Wahlen, nur scheinbare Anerkennung der Rechte der Bürger, Gefängnisse voll mit Insassen von bestimmter Rasse und Farbe usw.
Aladeen assistiert neben allem, was sonst noch so spannendes passiert, auch noch bei einer Geburt und teilt den stolzen Eltern mit: "I'm sorry. I have terrible news: It's a girl. Where's the trash can?" Wer sich über Bemerkungen wie diese empört, sollte sich den Film auf keinen Fall ansehen. Für mich unverständlich, denn genau diese Geschlechter-Einstellung beispielsweise vermag der Brite auf seine Art zu kritisieren. Manche Zeitgenossen dürften diese Art von Kritik als beleidigend auffassen - der Zuschauer, der darüber lachen kann, weiß es jedenfalls besser, zumal der Brite mit seiner Ehefrau Isla Fisher selbst zwei Töchter hat.
Regisseur Larry Charles, der auch schon für Verbrechen an der Menschheit wie Borat und Brüno verantwortlich ist, hat es wieder einmal geschafft, uns mit einer ausgesprochen gut gelungenen Komödie zu überraschen. Wer Filme wie Borat und Brüno erwartet, die ja im Dokumentationsstil gehalten waren, bekommt hier eventuell nicht, was er sich vorgestellt hat. Aber genau das ist es, das 'Der Diktator' so erfrischend macht und wie ich finde, verbessert sich die Qualität seiner Filme mit jedem Mal. Wem Borat gefallen hat, der dürfte Brüno zum Schreien komisch gefunden haben – Der Diktator ist meiner Ansicht nach noch eine Nuance besser als die zwei Vorgänger.
Sacha Baron Cohen kennen wir ja schon zur Genüge – so wurde er als Admiral General Aladeen in Cannes in der Zeit des Film Festivals dieses Jahr gesichtet: Auf einer Jacht und mit Model Elisabetta Canalis, die offensichtlich nach einer für den Diktator unerfreulichen Bemerkung über sein bestes Stück am Meeresgrund liegen dürfte (Bilder unten - lesbar von links nach rechts, zeilenweise). Alleine diese geniale Idee für die Promotion für seinen Film sollte anderen Marketing-Experten zu denken geben. Genial, wie ich finde.
Die Ankunft des Diktators
CANNES, FRANCE - MAY 16: Admiral General Aladeen and supermodel Elisabetta Canalis spotted on a luxury yacht at Hotel Du Cap during 65th Annual Cannes Film Festival on May 16, 2012 in Cannes, France. (Photo by Gareth Cattermole/Getty Images) *** Local Caption ***
Text: Sabine Stenzenberger
Szenenbilder und Titelbild: © 2012 Paramount Pictures. All Rights Reserved. Photo Credit: Melinda Sue Gordon.
Cannes-Bilder: Admiral General Aladeen; Elisabetta Canalis, © 2012 Getty Images, Verfasserangabe: Gareth Cattermole.
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