Um Ängste zu vermindern, ist Aufklärung nötig. Daher bieten wir Ihnen nun eine Schilderung des Grazer Systems als Beispiel dafür, wie das Amt für Jugend und Familie funktioniert.
Das Jugendamt Graz führt nach drei Jahren Probe und langer Vorarbeit ein neues Pilotprojekt der Sozialraumorientierung ein. Dabei werden bei der Hilfestellung Wohnort und Bedarf genauer berücksichtigt, also wo und welche Art der Unterstützung nötig ist.
Bis dato gab es 33 verschiedene Hilfsinstitutionen im steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetz: von Erziehungshilfe bis zur psychologischer Betreuung usw. - 33 unterschiedliche Hilfen mit wenig Flexibilität, um individuell unterstützen zu können. Dieses neue Projekt schafft viele Möglichkeiten, beispielsweise eine nähere Zusammenarbeit mit freien Trägern, wie einem Lernbetreuungsinstitut oder Erziehungshelfern.
Die Stadt Graz selbst ist in vier Sozialräume unterteilt. Vor dem Projektstart bekamen z.B. Nachbarsfamilien zwei verschiedene Sozialarbeiterinnen zugeteilt. Dadurch war es schwierig, die Betreuung einheitlich zu gestalten. In den Sozialräumen arbeiten Sozialarbeiter, Psychologen, Ärztinnen, Jugend-Hilfe und Referentinnen (für rechtliche Angelegenheiten) gemeinsam mit freien Trägern. Somit haben alle für ein bestimmtes Gebiet gemeinsame Verantwortung. Dies ermöglicht ein schnelleres Agieren bei eventuellen Missständen.
In der Zukunft soll es in allen Sozialräumen ein Sozialraumzentrum geben, um es den Menschen einfacher zu machen. So muss man nicht durch ganz Graz pilgern, um Beratung einzuholen, sondern hat „ein kleines Jugendamt“ gleich in der Nähe. Dort gibt es Eltern-Cafes, Veranstaltungen und direkt verfügbare Fachleute. Das Zentrum wird somit zum Begegnungsraum, es ist nicht mehr nur Amt, sondern bringt die Leute in den Bezirken zusammen.
Für die Sozialräume werden grundsätzliche Standards zwischen den Sozialraumleitern besprochen. In einzelnen Fällen sind jeweils eine Fallleiterin und ein Team zuständig. Es ist wichtig zu wissen, dass sich immer multiprofessionelle Teams mit Gefährdungen oder finanziellen Fragen beschäftigen.
Sozialraumteams treten wöchentlich zusammen. Dabei werden weitere Hilfepläne festgelegt und offene Fragestellungen oder Kosten besprochen. Gefährdungsfälle müssen immer gleich behandelt werden.
Ein großes Problem ist, dass die Leute von diesen positiven Aspekten nicht viel wissen. Das Angebot ist oft nicht klar bzw. nicht transparent genug. Oft wird das Jugendamt nur mit der Jugendwohlfahrt in Verbindung gebracht und die meisten wissen nicht, welche anderen großen Geschäftsbereiche es noch gibt (siehe Teil 4 dieser Berichtsreihe).
Das Geheimnis des Erfolgs sind gut zusammenarbeitende Teams mit geschultem Personal, welches Familien über ihre Möglichkeiten aufklärt und sie unterstützt, diese auch zu nutzen.
(ka)
Foto:Stadt Graz/Foto Fischer