Wo ist die Grenze einer Darstellung? Was gehört auf die Bühne und was nicht? Wie ist der Umgang mit den Tieren? Wie präsentiert man das Verhältnis Mensch-Tier? Diesen und weiteren Fragen geht die Compagnie Baro d’evel in ihrer Show „Bestias“ nach. Nicht nur, dass sie die Grenzen des Möglichen überschreiten, den Umgang mit den Tieren und deren Wahrnehmung von einer anderen Seite zeigen, sondern sie bieten einen ganz außergewöhnlichen Abend voller Überraschungen und Fantasie. Ein Ort, wo die Magie auf ihre natürliche Art und Weise herrscht.
Nimmt man einzelne Präsentationsteile: Gesang, gesprochener Text, Akrobatik, Präsentation von Tieren, Schauspiel auseinander, hat man eine Fülle an Sachen, die so unterschiedlich nicht sein können. Würfelt man sie alle zusammen, kommt ein magischer, fantastischer Abend, der irgendwie faszinierend und gleichzeitig irreführend und dann wieder logisch und natürlich ist. Es gibt kein genau, es gibt keinen vorgespielten Plan, man hat umso mehr das Gefühl, den Darstellern beim Erstellen von etwas Ungewöhnlichem und gleichzeitig Alltäglichem zuzuschauen. Es bietet Raum für Emotionen und Interpretationen. Es ist nichts so, wie man es sieht. Man fühlt, man hört, man fantasiert zusammen mit den Darstellern oder auch alleine. Noëmie Bouissou, Camille Decourtye, Claire Lamothe, Taïs Mateu Decourtye, Blaï Mateu Trias, Julian Sicard, Marti Soler Gimbernat et Piero Steiner, die Künstler ahmen die Tiere nach, präsentieren ihre Instinkte, Gefühle, Ängste. Nichts passiert ohne Emotion. Und das ohne viel nachzudenken, ohne viel im Voraus zu planen, wie ein Tier, das einfach lebt ohne viel zuviel Zeit mit unnötigen Überlegungen zu verlieren.
Faszinierend ist der Umgang mit den Tieren durch die Kompanie. Denn sowohl die Vögel als auch das Pferd haben ihren Betreuern sofort gehorcht. Natürlicher wird dieser Umgang, wenn man keine Gewalt gegenüber den Tieren sieht, keinen Zwang, sondern alles von einem perfekten Verhältnis zwischen Tier und Mensch ausgeht. Auch das Verhältnis zwischen Tier und Publikum war eindeutig. Neben fröhlichen Seufzern und Ausrufen wie „Oh, wie süß!“ und trotz der Warnung, Applaus bis zum Schluss aufzubehalten, konnten sich einige Zuschauer nicht zurückhalten und applaudierten einmal kurz, bis sie von den anderen Zuschauern aufgefordert wurden aufzuhören.
Während der Vorstellung fühlte man sich wie in einem Zelt mit Schamanen.
Ein faszinierender magischer Abend für Groß und Klein, der in einem Atemzug zu genießen ist. Der Jungredakteur Jordan war so fasziniert, dass er gleich darauf fragte, ob wir am nächsten Tag wieder hingehen können. Er wird noch länger vom Pferd, das frei im leichten Galopp um das Zelt herum rennt, den Vögeln und den Künstlern, die so viele Talente in sich vereinen, träumen. Vielleicht sehen wir uns nächstes Jahr wieder!
vs
Fotos: Frédéric Jean