Wie stellt sich eine Frau mit 42 vor? Dick, mit eingefallenem Gesicht, mit Schwangerschaftsstreifen, deren beste Freundin die Wand ist, als Dienstmädchen ihres Mannes, den sie als Frau gar nicht mehr interessiert und Sex nicht mehr das Thema ist? So findet sich Shirley Valentine (brillant gespielt von Cally Lawrence) wieder. Ob sie sich mit 20 gedacht hätte, dass sie so mit 42 endet? Wohl nicht. Nichtdestotrotz stellt sie sich den Fakten, spricht von den Ursachen, ohne diese als solche zu realisieren, und glaubt, ihr Leben verändert zu haben.
Jede könnte Shirley sein. 42, Kinder außer Haus, berufstätiger Mann tagtäglich bei der Arbeit, sie sitzt zuhause, um ihn zu bekochen, seine Wäsche zu machen und die Wohnung für ihn sauber zu halten. Ihr Alltag ist öd, ihre wichtigste Ansprechpartnerin die Wand. Schließlich fragt sie sich, warum sie aus ihrem Leben nichts gemacht hat, warum sie ihre Zeit beim Kochen, Wäsche waschen verloren hat. Im Endeffekt lernt sie zwar, zu einem Selbstbewusstsein zu kommen, indem sie sich so wahrnimmt und liebt wie sie ist (mit allen ihren Macken), sich vom Mann unabhängig macht. Ihr Traum von einem Leben mit ihrem Mann/Kind, dem sie in der Badewanne oder im See die Haare wäscht und ihn sanft auf den Kopf küsst, ist allerdings noch wach, und sie bezeichnet das als pures Glück. So beißt sich die Katze in den Schwanz und Shirley realisiert nicht, als sie in Griechenland eine Affäre mit einem Macho beginnt, von dem sie weiß, dass sie nicht seine erste und nicht seine letzte sein wird, der sich um sie bemüht und bei dem sie keine Muttergefühle hat, dass sie ihre eigene Unglücksursache ist, da sie das Kind im Manne liebt.
Kindheitsverletzungen, vor allem Verletzungen durch das Nicht-ernst-Nehmen eines Schülers in der Schule, werden im Stück thematisiert und zeigen ganz anschaulich, wie diese das Verhalten sowie die Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung der Welt verändern. Als Shirley von ihrer Lehrerin belächelt wird, dass aus ihr nichts wird und sie nie etwas
weiß und in dem Moment, als sie als einzige die richtige Antwort weiß, sie wiederum von der Lehrerin belächelt wird, sie dürfte die Antwort von jemandem erfahren haben, erlischt das Vertrauen von Shirley in die Schule und die Welt. Sie wird aggressiv, betont, die gesamte Welt zu hassen, provoziert mit ihrem Verhalten und Aussehen, auch wenn sie das alles nicht sein und tun will. Als ihr Sohn in der Schule gleich vom Lehrer als ein aussichtsloser Fall bezeichnet wird, schreitet Shirley nicht für ihn ein, auch wenn sie merkt, dass sein Leben droht gleich kaputt zu werden wir einmal ihres. Der Sohn wählt auch den Weg des Widerstandes und der Provokation und driftet ebenfalls in den Abgrund. Shirley hat ihre Verletzungen an die nächste Generation weitergegeben.
"Shirley Valentine" im Vienna English Theater ist ein geniales Spiel mit nur einer Schauspielerin, die so emotional, lebhaft und gefühlsbetont ist. Der beste Schauspiel-Monolog, den wir je gesehen haben. Cally Lawrence ist eine geniale Schauspielerin, die mit Shirley verschmolzen ist, die wir uns erhoffen, in weiteren Theaterstücken zu sehen!
vs
Shirley Valentine – Große Sprünge wagen?
Shirley hat ein recht eintöniges Leben. Die Kinder sind ausgezogen, der Mann ist arbeiten und sie redet mit einer Wand.
Die Mitte 40-Jährige hat nicht mehr wirklich ein Ziel im Leben. Eines Tages bietet ihr ihre Freundin Jane ein Flugticket nach Griechenland an. Der Rückflug ist für 2 Wochen später angesetzt. Shirley ist sich unsicher, ob sie das Angebot annehmen soll. Ihr Herz sagt ja, allerdings "traut" sie sich nicht, ihren Mann darüber zu informieren. 3 Wochen später steht sie mit gepackten Koffern in der Küche, bereit zur Abreise. Shirleys Tochter hat sie in diesen 3 Wochen besucht. Die war nicht gerade davon begeistert… Ihrem Mann hat sie bis jetzt noch nichts gesagt.
In Griechenland erlebt Shirley eine tolle Zeit. Doch wie wird ihr Leben weitergehen?
Das Publikum hat viel mitgelacht. Wirklich beeindruckend, dass eine Person so super ein ganzes Theaterstück spielen kann. Sehr weiterzuempfehlen!
ELR
Jungredakteurin Alma (8 Jahre alt): Mir hat es sehr gut gefallen. Es war sehr lustig und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Auch dass das Stück in Englisch war, war kein Problem. Ich habe sehr viel verstanden.