William Shakespeares „Romeo und Julia“ ist die wohl berühmteste Liebesgeschichte der Welt. Die Protagonisten sind jung, für heutige Verhältnisse wohl zu jung; das Ende ist tragisch und das ist, was die Berühmtheit des Werkes anbelangt, auch gut so. Wer würde gern eine Julia sehen, die sich um den Haushalt kümmert, während sie ihr sechstes Kind binnen 7 Jahren erwartet.
Leonard Bernstein adaptiert den Klassiker für die Musical Bühne und transportiert den Plot in das New York der 1950er Jahre.
Anstatt der Familien der Montagues und der Capulets tragen amerikanische und puertoricanische Jugendliche ihre Kleinstkriege aus. Es geht um – nichts. Riff (Björn Klein) führt die Gang der Jets an. Ihr oberstes Ziel ist es, die Herrschaft in ihrer Straße zu bewahren. Die anerkennungshungrigen Puertoricaner streben an die Macht. Angeführt von Bernardo (Andreas Wolfram) fechten sie Hahnenkämpfe mit den Jets aus.
Aus jugendlichem Reviermarkieren wird tödlicher Ernst. Ein Faustkampf zwischen Bernardo und Riff entgleist. Es sind Messer im Spiel und ohne es zu wollen, passiert, das Unvermeidliche: Bernardo tötet Riff.
Tony (Franz Gürtelschmied), halb wahnsinnig über den Verlust Riffs, ersticht wiederum Bernardo.
Die Tragik ist, dass genau dieser Tony den Kampf überhaupt verhindern wollte, hatte er sich doch längst in Bernardos Schwester Maria (Sieglinde Feldhofer) verliebt.
Wie es nun einmal im Leben ist, reicht eine jugendliche Hals-über-Kopf-Liebe nicht aus, um die Welt zu ändern. Ein Streit um nichts hingegen schon.
Tony wird meuchlings von Chino (Maurice Klemm) erschossen und damit erlischt der Traum des Romeo und seiner Julia.
Songs wie „Maria“, „Tonight“, dem hoffnungsvollen „Somewhere“ (überzeugend gesungen von Annakathrin Naderer) oder „Mambo“ lassen das Herz höher schlagen und das Genie Bernsteins erkennen. Ob man es will oder nicht, er nimmt uns mit kraftvollen Melodien (musikalische Leitung Marius Burkert) mit auf eine Reise in den Untergang. „Somewhere“ begleitet uns lange über das Stück hinaus. Irgendwie kriecht es in jede Faser unseres Körpers und hinterlässt diesen Silberstreif an Hoffnung am Firmament.
Der sinnlose Tod junger Menschen ist bereits schlimm genug. Warum die Inszenierung von Josef E. Köpplinger meint, dass es die Vergewaltigungsszene Anitas (Nazide Aylin) zu einer Fick-Posse verkommen muss, bleibt unverständlich. Da wird einer der Jets mit nacktem Hinterteil von zwei seiner Gang-Kollegen bäuchlings getragen und mit einer Punktlandung zwischen den Beinen der bereits entkräfteten Anita platziert.
„West Side Story“ ist alles in allem sehens- und vor allem hörenswert. So schön wird sonst nirgends sinnlos gestorben.
KWH