11.06.2010 |
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Sex and the City goes Desperate Housewives
Als 2001 die erste Staffel Sex and the City über die Bildschirme flimmerte, war es kaum zu fassen, worüber hier in 30 Minuten geredet wurde. Und vor allem wie.
Nach 6 Staffeln und nunmehr zwei Kinofilmen innerhalb von 12 Jahren stellt man sich die Frage: Wo ging der Sex verloren?
Bis auf Samantha, die ihrem Naturel treu bleibt, scheint der Sex kein Thema mehr für die ehemaligen Single-Ladies zu sein.
Charlotte ist verzweifelte Mutter zweier Töchter, von denen die jüngere Tag ein, Tag aus nur weint. Die Szene in Film 2, in der Charlotte in einem Vintage Designer-Rock Muffins bäckt und unverhofft die mit rosa Zuckerglasur überzogenen Handabdrücke ihrer Adoptivtocher auf ihrem mittlerweile auch schon Vintage Hinterteil hat, ist vielleicht noch ganz amüsant. Dieses ewig weinende Kind ist es nicht, vor allem, weil der Zuschauer sich dauernd fragt, was wurde diesem Kind während der Dreharbeiten angetan, dass es permanent wie am Spieß brüllt?
Carrie und Mister Big sind nach wie vor verheiratet. Mister Big mutiert zum Couch Potatoe, der versucht, seiner ewig nörgelnden Ehefrau alles Recht zu machen, und im Schlafzimmer zieht der XL-Flatscreen seine Aufmerksamkeit mehr an als seine Holde im Negligée.
In New York wird es wohl nichts mehr mit Sex in the City. Also Koffer packen und ab nach Abu Dhabi. In die Stadt, die mit ihrem Hang zu Prunk und Dekadenz sogar die vier luxuserprobten Damen aus Manhattan in Erstaunen versetzt.
Auf irgendeinem Markt irgendwo in Abu Dhabi begegnet Carrie Aidan, einem Ex. Schon die Ankündigung, dass Carrie sich mit ihm zu einem Abendessen treffen will, lässt Charlotte in Panik ausbrechen, da sie die eheliche Treue in großer Gefahr wähnt. Noch dazu weil sie selber Angst hat, dass ihr Ehemann sie mit dem wunderschönen, BH-losen Traum eines schwedischen Kindermädchens betrügen könnte.
Und tatsächlich endet der Abend fatal: Carrie küsst Aidan und geht ver- und am Boden zerstört davon. Es folgt ein Telefonat mit Mister Big, den man spätestens seit Film 2 doch lieber John nennen möchte, das von eben diesem so beendet wird, so dass der Zuschauer nicht weiß, ob er seiner Carrie jemals wird verzeihen können.
Moment: Ein Kuss? Nicht mehr? Nein! Das ist das neue Gesicht von Sex and the City: Wir sind sauber, wir sind brav, wir lieben unsere Männer und unsere Kinder, auch wenn es ab und an schwer fällt.
In der Fernsehserie, in der er es ursprünglich andauernd um das F-Wort (nein, nicht Fendi) ging, führt ein winziger, lächerlicher Kuss zum ehelichen Supergau?
Die Vermutung liegt nahe, dass Designer und Labels die Hauptrolle im Film übernommen haben, weil die vier Damen sich damit über ihr desaströses Sexleben hinweg trösten wollen. Louboutin statt Libido.
Kurzum, in der arabischen Welt ist der Sex auch nicht aufgetaucht.
Das Highlight sind die ganzkörperverschleierten Frauen, die darunter die neuesten Modelle von Louis Vuitton und Konsorten tragen. Ein Hoch auf die Befreiung der Frau!
Der zweite Film ist dennoch sehenswert, denn zwischendurch kann gelacht werden, obwohl der Untertitel „Despair in the Desert“ besser passen würde. Die Kleider (mein Gott, dieser Rock, den Carrie zu ihrem „J’adore Dior“ T-Shirt trägt!) und die Schuhe (wie hoch will Louboutin noch hinaus?) sind atemberaubend, genauso wie der Architekt, der in der Wüste aus dem Nichts auftaucht. Und der Film wirkt beruhigend: Schwedische Kindermädchen sind lesbisch!
(kh)
Foto: 2010 Warner Bros. Ent.