24.04.2010 |
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Das Leiden in der großen Welt
Matthias Hartmann inszeniert Faust II im Burgtheater.
Die Idee, einen Goethe-Klassiker in einer modernen Inszenierung zu sehen, die für das Publikum sogar bekömmlich ist, scheint sich als ziemlich schwierig zu erweisen. Matthias Hartmann hat es aber geschafft das Werk so in Szene zu setzen, dass man dem Plot folgen kann, ohne sich in der antiken Geschichte zu verlieren. Eine Erzählerin (meist gespielt von Johanna Schwertfegerin) greift des Öfteren ein, wodurch alles flüssiger wirkt, als wären nur die reinen Dialoge zu hören.
Acht Schauspieler in wechselnden Rollen, die einerseits als Erzähler, Kommentatoren, andererseits als Figuren auftreten, werden zum Teil von Live-Musik begleitet. Die Rolle des Mephistopheles wird durch einen Hörnertausch von verschiedenen Darstellern übernommen, was anfangs zu Verwirrungen im Publikum führt. Erst nach und nach kristallisiert sich Joachim Meyerhoff als „Haupt-Mephisto“ heraus, der in seiner Rolle äußerst überzeugend ist. Vor allem am Ende, als die Engel den verstorbenen Faust mit sich nehmen, kann man den Blick nicht vom Teufel abwenden, der von der Schönheit und dem Körper des Engels wie geblendet ist.
Mit viel Technik und den Möglichkeiten eines multimedialen Theaters wird „Faust, der Tragödie zweiter Teil“ aufgeführt. Videoprojektionen auf halbdurchsichtige, neongerahmte Wände, Nebelschwaden und Live-Video-Einspielungen vermögen es, Geistererscheinungen, die Geburt des Homunculus, den fliegenden Euphorion (Simon Kirsch) und auch die Macht des Königs beeindruckend darzustellen. Sie wirkt bunt und fantastisch, diese große Welt, in die es Faust (Tilo Nest) als älterer Mann getrieben hat. Er verliebt sich in Helena (Caroline Peters), die schönste Frau der Welt, doch das Glück hält nur einen Traum lang, bis sich Faust wieder den weltlichen Dingen zuwenden muss, um durch einen Krieg die Reichsküste für sich zu gewinnen. Die Darstellung der Bewirtschaftung des Küstengebiets regt zum Schmunzeln an: Kleine ferngesteuerte Bagger „bearbeiten“ den Körper einer Frau - ein interessantes und auch lustiges Bild.
Zum Lachen regt auch der dümmliche Kaiser (Dietmar König) an, dessen Gesicht auf eine Wand projiziert wird. Sein Mimenspiel lässt kein Auge trocken! Auch der Hofstaat liefert durch Wortwiederholungen und Wortspiele ein illustres Bild ab.
Insgesamt wurde aus dem Faust-Stoff ein sehr ansprechendes Stück gemacht. Auch wenn die streckenweise schwer verdauliche Vorlage immer noch an den Grenzen zur Verständlichkeit entlang schrammt, ist die Umsetzung durchaus gelungen.
(dw)
Foto: Georg Soulek