Wann beginnt die Aufgabe einer Hebamme? Erst bei der Geburt?
Frauen, die eine Hausgeburt für die Entbindung bevorzugen, werden auf die Notwendigkeit einer Hebamme hingewiesen. Viele Frauen glauben, eine Hebamme würde nur für die Geburt gebraucht, sei es aus Sicherheitsgründen, um der Gebärenden Mut zu machen oder einfach aus Interesse an einem neuen Erlebnis. Oder erstrecken sich die Aufgaben der Hebamme auf ein wesentlich ausgedehnteres Gebiet? Entspricht dies einem natürlich Lauf der Dinge? Wie sieht es in der Tierwelt aus?
Eine Hebamme begleitet die werdende Mutter während der Schwangerschaft, unmittelbar während der Geburt und bei der Nachbetreuung im Wochenbett. Das Wort Hebamme leitet sich vom althochdeutschen Wort für Großmutter, die das Neugeborene hält, ab. Im Mittelalter wurden sie noch als Hexen verfolgt, doch heutzutage sind sie vor allem in Deutschland als Geburtshelfer sehr gefragt. Übrigens gibt es auch männliche Hebammen: der Hebammer. Allerdings gibt es in Deutschland gerade mal drei Männer, die diesen Beruf ausüben, in Belgien sind es zehn, in den Niederlanden immerhin schon 30.
Die Geburtsbegleitung einer Hebamme erstreckt sich über ungefähr 5 Termine, bei denen allgemeine Informationen über den Geburtsablauf, das Kennenlernen der Hebamme und die Begleitung bei den MPK (Mutter-Kind Pass) Untersuchungen im Vordergrund stehen. Doch ist diese Unterstützung wirklich notwendig?
Grundsätzlich wird eine Frau nach einer Entscheidung für eine Hausgeburt (2% in Österreich) dazu verpflichtet, eine Hebamme als Begleitung der Geburt ihres Kindes zu suchen. Die meisten Frauen haben beim ersten Kennenlerntermin klare Vorstellungen davon, was sie von einer Hebamme erwarten. Doch wird den Frauen durch die Verpflichtung, eine Hebamme hinzuzuziehen auch oft die Angst vermittelt, eine Geburt, die natürlichste Sache der Welt, sei ohne fachkundige Begleitung nicht zu schaffen.
Die meisten Hebammen wundern sich, wenn man sich als Schwangere erst einen Monat vor der Entbindung an sie wendet und fragen: Was haben Sie davor gemacht? Wie viele Hebammen haben Sie sich bereits angeschaut? Aufgrund der kurzen Zeit bis zur Geburt ist es nicht selten, dass die angesprochenen Hebammen absagen, an Kolleginnen weiterleiten oder versprechen zurückzurufen, ohne sich jemals wieder zu melden. Wenn eine Hebamme aufgrund des Zeitdrucks in Panik gerät, wie soll es denn der Schwangeren gehen? Wie wird sich eine solche Geburtsbegleitung bei der Entbindung verhalten? Dies führt dazu, dass die meisten werdenden Mütter gleich bei der ersten Hebamme bleiben, die zusagt, auch wenn sie eigentlich kein so gutes Gefühl haben oder keinen Draht zu ihr finden.
Welche Hebamme die richtige ist, ergibt sich aus vielen Details: das Gefühl, dass es mit diesem Menschen funktionieren könnte, dass man sich wohl fühlt mit ihr, aber auch einfach das Aussehen, die Tonlage beim Sprechen, die Stimme, der Gesichtsausdruck… Ist man sich nicht sicher, ist dies eigentlich schon ein sicheres Zeichen, die Hebamme nicht zu nehmen. Hat man aber das Gefühl, dass alles passt, dann sollte man auch nicht mehr lange herumsuchen, sondern gleich zusagen.
Die Hebamme erklärt der Frau jene Dinge, die sie eigentlich von Natur aus wissen sollte. Aus dem Natürlichsten und Einfachsten wird eine Wissenschaft gemacht, und daraus entsteht das Gefühl, sich absichern zu müssen. Warum haben die Menschen scheinbar die Fähigkeit verloren, die jedes Tier hat: den Nachwuchs ohne Hilfe zur Welt bringen und sich um ihn kümmern zu können? Woher kommt die Unsicherheit der Menschen? Abgesehen von den sehr hohen Kosten spricht grundsätzlich nichts gegen eine Hebamme, solange dies einer Frau bei der Entbindung das Gefühl der Sicherheit gibt und so eine eine sorgenfreie und entspannte Geburt ermöglicht. Die Hauptaufgabe einer Hebamme ist also vor allem eine psychologische: Der werdenden Mutter Selbstvertrauen geben, ihr vermitteln, dass alles gut wird und sie auch alleine alles kann, was sie können muss.
(vs)
Foto: Tinneketin