Alone in Berlin beruht auf einer wahren Begebenheit in Berlin 1940. Nachdem Otto (Brendan Gleeson) und Anna Quangel (Emma Thompson) ihren einzigen Sohn Hans im Krieg verlieren, rebellieren sie gegen das Nazi-Regime indem sie Postkarten verfassen, die zum Widerstand aufrufen. Sie hinterlegen über 200 Postkarten in Treppenhäusern – eine gefährliche Angelegenheit. Kommissar Escherich (Daniel Brühl) ist ihnen dicht auf den Fersen. Nach zwei Jahren werden Otto und Anna von der Gestapo gefasst.
Jeder gähnt für sich allein, müsste es richtigerweise heißen, denn - man müsste eigentlich mitfiebern. Mit Anna und Otto. Und ihrer Rebellion gegen das NS Regime. Tut man aber nicht. Guter Stoff, schlecht inszeniert. Alone in Berlin wirkt farblos, spannungslos und das gesprochene Denglisch nervt so richtig. Aber brauchen wir immer Spannung? Geben uns nicht diese stillen Momente ohne künstlich erzeugte Dramatik manchmal Raum und Zeit über Geschehenes nachzudenken? Vielleicht, aber nicht in diesem Kinosaal hier. Hier gilt ganz klar: Lieber Buch lesen als Film schauen.
In Genius entdeckt der steife aber bekannte Lektor Max Perkins (Colin Firth) im New York der 20er Jahre den genialen aber
großspurigen Schriftsteller Thomas Wolfe (Jude Law), dessen Skript bereits von allen anderen Verlagen abgelehnt worden ist. In monatelangen Tag-und Nachtarbeiten kürzen sie gemeinsam Wolfes Skript. Ihnen bei der Arbeit zuzusehen macht süchtig – es verspricht Lust am Schreiben, Lust am Lesen – ja, Lust an der Literatur.
Thomas Wolfe wird für Max Perkins, Vater von vier Töchtern, zum Sohn den er nie hatte und so sieht Perkins auch vorerst über Wolfes Exzesse hinweg. Im Schatten dieser Männer existieren ihre beiden Frauen (Nicole Kidman, Laura Linney). Sie existieren – nicht mehr und nicht weniger, sie fühlen sich edited (herausgeschrieben). Ein Beziehungsdrama auf mehreren Ebenen also. Ein manchmal zu übertrieben wahnsinniger Jude Law (aber vielleicht sind Wahnsinnige wirklich so. Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie einen getroffen. Also einen richtig Wahnsinnigen). Ein manchmal zu lethargischer Colin Firth (was sich aber auch bei seinem Auftritt am roten Teppich nicht wesentlich ändert – nächstes Mal bitte mehr Ausstrahlung, Mr. Firth!). Im Großen und Ganzen anspruchsvolles Unterhaltungskino (womit wir wieder bei nicht mehr und nicht weniger wären), das bewegt und in die Abgründe der Menschheit blicken lässt.
Es geht aber auch um die ganz große Männerfreundschaft und darum, dass wir einmal denen danken sollen, die die großen Geschichten schreiben und zu denen machen was sie letztendlich sind: Ein Hoch auf die Drehbuchautoren und ihre Lektoren!
Anna Ratt
Titelbild: Brendan Gleeson und Emma Thompson in Alone in Berlin Copyright: Marcel Hartmann
Fotos im Text:
1. Daniel Brühl als Kommissar Escherich in Alone in Berlin Copyright: Christine Schröder
2. Colin Firth und Jude Law in Genius Copyright: Berlinale