VALIE EXPORT wurde am 17. Mai 1940 als Waltraud Lehner in Linz geboren. Sie gilt als eine der profiliertesten und spannendsten Künstlerinnen der Gegenwart. Sie lebt und arbeitet in Wien und erlangte international einen honorigen Status. Sie gilt im Bereich der medialen Kunst als Bahnbrecherin, wobei sie versucht, Menschen mit Fotografien, Filmen, Performances, Skulpturen und Aktionen zum Nachdenken zu bewegen.
Ihre Mutter war alleinerziehend und legte besonderes Augenmerk darauf, ihren drei Töchtern den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Ihr Vater verstarb im zweiten Weltkrieg in Afrika.
1958, nach dem Abschluss der Textilgewerbeschule in Linz, heiratete Waltraud Lehner und nahm den Namen Waltraud Höllinger an. Die Ehe sollte nicht fürs Leben sein, denn zwei Jahre später fand diese ihr Ende. Zurück blieb die gemeinsame Tochter Perdita.
1960 suchte sie dann das Weite und zog nach Wien, wo sie ihrer weiteren Ausbildung nachging. Sie besuchte die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Wien, wo sie sich auf Design spezialisierte, in dieser Zeit fasste sie erstmals Fuß in den Wiener Kunstkreisen.
Später übermittelte sie ihr Wissen an etlichen Kunstschulen, etwa in San Francisco, Milwaukee und Berlin. 1995 konnte sie die Kunsthochschule für Medien in Köln für sich gewinnen.
Das Pseudonym VALIE EXPORT nahm Waltraud Lehner 1967 an, wobei sie den Namen nur in Versalien schreibt, um diesen als Marke zu kennzeichnen. Der Künstlername setzt sich aus ihrem Spitznamen Valie für Waltraud und der Zigarettenmarke Smart Export zusammen. Sie wollte sich somit vom Namen ihres Vaters und ihres Exehemannes distanzieren und ihre eigene Person in die Öffentlichkeit transportieren.
VALIE EXPORT ist eine Frau, die gerne gesellschaftliche Tabus bricht. Mit ihrer Kunst provoziert sie nicht nur ihr Publikum, sondern versucht ebenso im Aktionismus den Menschen zu analysieren. Mit ihrem Tapp- und Tastkino erlangte sie 1968 Berühmtheit. Die Idee dahinter war folgende: Sie schnallte sich um ihren nackten Oberkörper einen Plastikrahmen, der den Passanten ermöglichte, 33 Sekunden lang ihren Busen zu ertasten. Das alles geschah zwar in der Öffentlichkeit, doch nur die Hände selbst waren Teil der eigentlichen Inszenierung und durften das Kino erleben. Sie sah den Betastenden dabei intensiv in die Augen und versuchte, deren Reaktionen zu deuten. Ihre Idee präsentierte sie erstmals auf einem Filmfest in Wien, doch Anerkennung fand sie dort keine, ganz im Gegenteil zeigten sich die Leute von der exhibitionistischen Art schockiert. In Köln wurde sie sogar nach einer Filmaufführung als Hure betitelt. Heutzutage kaum vorstellbar, doch früher war das Resultat ihrer Kunst Verfolgung, Morddrohungen und Verschmähung. Heute gilt sie als Pionierin, wohingegen sie in den 60er und 70er Jahren als „unverschämtes Weib“ abgetan wurde.
Ihre Kunst blieb nicht ohne Folgen und wirkte sich drastisch auf ihr Privatleben aus. Als sie 1970 eine Dokumentation für die avantgardistische Bewegung herausgab, wurde sie für ihren Mut bestraft. Die Staatsanwaltschaft bezichtigte sie einer „unzüchtigen Schrift“ und entzog ihr das Sorgerecht für ihr einziges Kind. Und das alles nur aufgrund ihrer Radikalität in Sachen Kunst.
Schon lange kämpft VALIE EXPORT für die Gleichstellung der Frau. Dabei versucht sie die festgefahrene Rollenzuteilung zu durchbrechen, sowie die eingefahrenen ästhetischen Bilder, wie eine Frau auszusehen hat, aus den gesellschaftlichen Köpfen zu streichen. Ihren eigenen Körper setzt sie ganz bewusst ein, um die Frau als Objekt der Begierde und deren permanente Verfügbarkeit zu dementieren. Sie benutzt die Kunst gekonnt als Medium des Feminismus. Auch setzt sie sich durchdringend mit der Genitalverstümmelung auseinander.
VALIE EXPORT ist eine faszinierende Persönlichkeit, die trotz ständiger Kritik bis über die Entziehung des Sorgerechts für ihr Kind hinaus den Glauben an ihre Leidenschaft nie verloren hat. Ihr einziges Ziel mit ihren Arbeiten war die Gesellschaft auf Ungerechtigkeiten und Tabus hinzuweisen. Sie wollte etwas bewirken, die Menschen zum Handeln auffordern und insbesondere die Frauen gleichstellen. Dabei ging es ihr nie um den persönlichen Ruhm und sie lebte immer in eher bescheidenen Verhältnissen.
2010 war VALIE EXPORT an der Sommerakademie Traunkirchen präsent, wo sie in einem zweiwöchigen Kurs ihr Wissen über Fotografie übermittelte. Zum dritten Mal fand die Sommerakademie mit dem gesetzten Schwerpunkt auf Malerei, Bildhauerei und Fotografie statt. Sie lockte von 26. Juli bis zum 11. September Kunstbegeisterte und Kunststudierende auf die Halbinsel Traunkirchen.
(ik)
Foto: sabina saritz