Kinder bringen gerne und ziemlich oft ihren Willen zum Ausdruck. Sie schmeißen sich auf den Boden und strampeln mit den Füßen, weinen, geben uns einen kleinen Schubser, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen. Sie schreien, um gehört zu werden. Letztlich treiben sie uns immer wieder in den Wahnsinn, indem sie Grenzen austesten und uns öffentlich erröten lassen, nachdem sie voller Vorwurf „Du kaufst mir nie was!“ rufen. Wir fangen die bewertenden Blicke der Vorbeigehenden auf und lassen dann unfreiwillig die Kassa klingen. Die ganze Welt für unsere Lieblinge! Die letzte Unterhose gibt man her, nur damit sie ihr Glück finden! Doch werden dann nicht aus den kleinen "ich möchte gern" und "kauf unbedingt" die großen verwöhnten Monster, die keinen Halt in ihren Wünschen kennen und bereits im Voraus davon ausgehen, dass eh alle Begierden gestillt werden. Ist es notwendig dann noch selbst etwas zu tun?
Kinder schreien nie grundlos. Bei Babys ist entweder die Windel voll, sie haben Hunger, es ist ihnen fad oder sie verlangen so nach der Aufmerksamkeit der Mutter. Mit dem Kauf-es-mir-unbedingt-Syndrom hatte meine Mutter nie ein Problem. Dieser wurde eher durch ein Ich-will-nichts-Syndrom ersetzt. Mit den kleinen, aber sehr(!) lauten Konzerten, über die sich die Nachbarn immer wieder beschwerten, hatte sie jedoch des öfteren zu tun. Einmal haben sie diese nicht mehr ausgehalten und schritten ein, um das folgende Bild zu sehen: Meine Mutter auf dem Sofa, ich stand vor ihr mit offenem Mund, aus dem nervenzerreißenden und Ruhe raubende Töne drangen. Sie wusste keinen Rat. Ihr Gefühl schwieg ebenfalls.
Da ich selbst Mutter bin und mein Sohn zu meinem Nachfolger in der hervorragenden „Geschrei“ – Karriere wurde, habe ich mich auf die Suche nach einer Lösung begeben, die es uns beiden leichter machen würde.
Nach zehn Monaten im Leben von meinem Jordan habe ich festgestellt, dass mein Sohn der Spiegel meiner inneren Welt ist. Wer mit den eigenen Seelengeschichten nicht zurecht kommt oder sich selbst zu schlecht kennt, sollte einfach nur auf das eigene Kind schauen. Meine Erkenntnis: Das Benehmen meines Kindes ist das Ergebnis meiner Einstellung. Ändere ich diese, so ändert sich auch sein Benehmen.
Man will es immer allen Recht machen, überall gut ankommen und sich viel Wissen und Kenntnisse aneignen, Erfahrungen sammeln. Und dann, im unpassendsten Moment, gerade wenn man etwas anderes machen will, schreit der kleine Spross um Aufmerksamkeit. Erbärmlich. Wir wollen und lassen es zwar zu, dass unsere Kinder teil an unserem Leben haben, dies aber oft nur am Rande, hinter der Fensterscheibe, als Zuschauer, nicht als Darsteller. Unsere Hauptdarsteller wehren sich zurecht gegen solch eine Ungerechtigkeit und verlangen verstärkt nach Aufmerksamkeit, was in uns eine Welle von Aufregung und Nervosität hervorruft. Und alles dreht sich im Kreise… Bis auf einen Moment. Bis wir es schließlich akzeptieren, dass Kinder immerhin das Primäre, das Wichtigste und das einzig Konstante in unserem Leben sind. Das gleiche Gefühl wollen sie bei uns haben.
Jedoch manchmal sind die Grenzen unvermeidlich. Indem es z.B. strenge Regeln beim Überqueren der Straße gibt oder nach den kindergerechten Spielen und Spielsachen verlangt wird, um Gefahren vorauszuwirken.
Kinder wollen und sollten jederzeit ein Teil unseres Lebens sein. Jederzeit zu uns kommen und dabei das Gefühl haben gewollt und gewünscht zu sein. Dafür werden wir mit einem Lächeln und einem fröhlichen Gesicht beschenkt. Es ist ein Zusammenspiel, bei dem das Geben und Nehmen eine große Rolle spielen! Wem dies nicht zuzumuten ist, ist zu früh Mutter geworden.
Immerhin ist keiner perfekt. Und auch diese Eigenschaften, wie eine richtige Einstellung, in der man Platz für das eigene Kind im eigenen Bewusstsein schafft, wollen auch gelernt werden.
Varvara S
Foto: andreyutzu