20.04.2010 |
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Das Leben wie auf der Leinwand
Woody Allens platonische Liebe in „Purple Rose of Cairo“
„...Aber vielleicht ist die Zeit der großen Diskurse einfach vorbei. Auch der Sex wurde enttheoretisiert. Und das Reden über Sexualität findet heute vor allem im Fernsehen statt. Im Kino hingegen regieren die Toilettenwitze.“ So Woody Allen in einem Interview mit „Die Zeit“ im Juni 2005.
Dementsprechend geht es in seinem Theaterstück „Purple Rose of Cairo“, am Wiener Volkstheater unter der Regie von Gil Mehmert, nicht um Sexualität, sondern um die platonische Liebe. Der (fiktive) Leinwandheld Tom Baxter (Till Firit) findet in Cecilia (Heike Kretschmer ) seine wahre Liebe und entsteigt dem vorgegebenen Drehbuch, um sich ihr zu widmen. Hingerissen und gerührt lässt sie sich verführen, bis sie merkt, wie die Realität in seiner Welt aussieht: Dort kann man im wahrsten Sinne des Wortes „von der Liebe leben“, und im entscheidenden Moment, wenn’s intim wird, wird ausgeblendet. Doch Cecilia hat in ihrem eigenen Leben einen Ehemann, der sie betrügt, schlägt, und ihr hart verdientes Geld beim Glücksspiel verliert. Was liegt also näher, als sich diesem Leinwandmärchen hinzugeben: Ein Prinz kommt und rettet die arme Prinzessin aus ihrer Routine. Ein Kindermärchen für Erwachsene?
Das Bühnenbild führt den Zuschauer perfekt in den Film hinein. Und zwar nicht nur in den auf der Leinwand, wo „Purple Rose of Kairo“ gespielt wird, sondern ebenso in den des so real erscheinenden Lebens von Cecilia.
Doch zum Schluss des Stückes sitzt Cecilia vor dem Kino und wartet auf den Tom Baxter-Darsteller Gil Shepard (ebenso Till Firit), der ihr versprach, sie nach Hollywood mitzunehmen. Sie wartet. Kommt er? Ist er die reale Version ihres Celluloid-Liebhabers?
„Purple Rose of Cairo“, bis 24. Mai 2010 im Wiener Volkstheater.
(vs)
Fotos: Lalo Jodlbauer