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Now is the only time I know
16.04.2013
Do my hair, paint eyelash
Reappear in a flash…
There is more I'd like to know
….Fever Ray

Wir leben in einer Zeit, die leicht als Andy Warhols „15 Minuten Ruhm“ charakterisiert werden kann. Jeder hat Zugang zum Internet, wo sie/er ihre/seine Meinung frei und ziemlich günstig (wenn auch nicht kostenlos) und ohne irgendwelche „Mittelsmänner“ äußern kann - aber dennoch herrscht keine Vielfalt.

Vor allem, wenn es um Fashion und Beauty geht.

Vor dem Beginn der Internet-Ära bzw. der Blog-Expansion war der Journalismus kritisch und Fashion-Shows fanden im Zelt drinnen und nicht vor dem Zelt statt. Die Fotographen knipsten erst los als die Musik startete und heute sind diese 24 Stunden in Bereitschaft. Natürlich werden auch die Kollektionen fotografiert, aber die echte Show und die Präsentation dessen was jetzt en Vogue ist - findet draußen statt. 

Die Blogger, die für „kritische und freie“ Meinungsäußerung im Internet standen, wurden schnell nur noch zu einem PR-Instrument. Bezahlte Reisen, Designer-Stücke, First-Row Plätze bei den Shows u.s.w machten aus den Bloggern dankbare Bekenner, die es somit als Pflicht ansahen, nur das Beste über die Designer und deren Kollektionen zu schreiben .

Wann genau diese "frische Welle“ an die PR verkauft wurde ist nicht ganz klar. Aber ab dem Zeitpunkt als Marc Jacobs seine Tasche nach dem Blogger "Bryanboy"  benannt hat, war die Welle der  „Show off‘s“ geboren, oder wie Suzy Menkes sie in ihrem Artikel „The Circus of Fashion“  bezeichnete: „Peacocks".

In der Beauty-Industrie ist es noch schlimmer. Unzählige Beauty & Lifestyle Blogs berichten lang und breit über neue Produkte. Da gibt es die „beste“ Creme, die so „unglaublich“ ist, dass es nur reicht die Packung anzuschauen und alle Falten verschwinden. Und das nur, weil der jeweilige Blogger das Produkt gratis bekam, mit einem Glas Sekt dazu.

Die  Fotos, die nach dem Event ins Netz gestellt werden, sind das Wichtigste in dieser Story. Dabei wird gezeigt, dass jemand die Blogger einlud, weil sie für diese eine bis zwei Stunden wichtig waren. Die Tatsache, dass die Posts stinklangweilig sind und von niemandem gelesen werden, außer von anderen „Wannabes“, die wirklich glauben was in den Posts steht, interessiert dabei niemanden. Hauptsache das gewisse Produkt wird im besten Licht dargestellt - auch wenn es bis zur Unkenntlichkeit mit Worten „fotoshopiert“ ist.
 
Wir leben in einer Zeit, in der Menschen um diese „15 Minuten Ruhm“ kämpfen und bereit sind, jeden Preis dafür zu bezahlen, um länger ein Teil der Show zu bleiben. Auch wenn das nur heißt, genauso wie alle anderen zu sein. Das Problem ist, dass genau diese Menschen überzeugt sind, weil sie/er eine Einladung bekam, dass die Einladung darauf hindeutet, dass sie doch wichtig und besonders sind. Und aus Angst, keine mehr zu bekommen, schreiben sie für das Produkt glorifizierende Kritiken.

Elisabeth Noelle-Neumann schrieb über die soziale Haut in ihrem Werk „ Die Schweigespirale“. Es geht darum, dass die Menschen Angst haben isoliert zu werden. Sie beobachten welche Meinungen am meisten vertreten sind und schließen sich der Mehrheit an. Niemand will isoliert sein, oder besser gesagt alle wollen „cool und anders" sein und genau das macht alle gleich. Sie schreibt in ihrem Buch außerdem, dass es genau die "Aussenstehenden" sind, die die öffentliche Meinung bilden, weil sie Redebereitschaft  besitzen und keine Angst haben ihre Meinung zu äußern.

Egal, ob es sich um ein 10 Euro Produkt oder um eine bezahlte Reise zur Marc Jacobs Show handelt, "echte" Kritik existiert nicht mehr. Es wurde eine rosarote Welt geschaffen, in der alles schön und toll und jeder talentiert ist. Wir beschenken uns gegenseitig mit Sachen und Worten während uns der Rest der Welt beobachtet und sich danach sehnt ein Teil davon zu sein…. bis wir den Computer ausschalten, ein normales weiße T-Shirt anziehen, uns mit der normalen Nivea Creme (die blaue!) eincremen und statt komplizierte Gerichte, die in der Regel französische Namen tragen, einfach ein Sandwich mit Schinken machen.


Sandra Bakula

Fotocredit: Davor Tomic

die-frau.at