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Kalte Geschäfte erregen feuerige Gedanken
04.03.2013
Operette, die kleine Oper, ist im Gegensatz zur Oper durch leichtere und leichter verständliche Musik gekennzeichnet. Zwischen den Handlungen sind Dialoge eingeflochten. Aus dem 18. Jahrhundert hat die Operette die Bedeutung einer vereinfachten und verkürzten Form einer Oper. Meistens bestand sie aus nur einem Akt und trug den Charakter einer Komödie. Stimmlich verlangte die Operette nach keinen Virtuosen und erlaubte somit auch singenden Schauspielern an der Darstellung teilzunehmen.

Im 18. Jahrhundert, als Italienisch als internationale und somit höhere Sprache propagiert wurde, galt Deutsch als eine niederwertigere Sprache. Dementsprechend wurden auch anspruchsvolle deutsche Opern „Operetten“ genannt,  die dargestellten Figuren  waren sozial nieder. Als im Wien des 19.Jahrhunderts wieder von der bürgerlichen deutschen Oper die Rede war, gestaltete man diese als einen bewussten Gegenentwurf zu den Pariser Werken Jacques Offenbachs.

Grotesk-frivol wurden diese gespielt, Themen wie Nationalisierung und Antisemitismus standen im Vordergrund.

Heutzutage besetzt die Operette einen geringen Platz in den Spielplänen der Opernhäuser Österreichs. Immer wieder gehört sie zum Programm an der Wiener Staatsoper, Grazer Oper. Mediale Bedeutung behält die Operette unter anderem auf den Operettenfestivals wie den Seefestspielen in Mörbisch oder im Wiener Operettensommer. Die unterhaltende Form einer Operette, in der die aktuellsten politischen Ereignisse ausdiskutiert und auskritisiert worden sind, haben bei den Grazer Zuschauern ein offenes Ohr gefunden.

Gräfin Carlotta, verkörpert durch Nazanin Ezazi, erwartet den Beschluss in ihrem Erbverfahren. Für sie ist diese Million eine Existenzgrundlage, für den gierigen Bürgermeister eine Möglichkeit sich zu bereichern. Da er an seinem „Feuer“ nicht unbegründet zweifelt (Anfang des zweiten Aktes singt er ein Lied, in dem er seine Phantasien über heiße Nächte mit mehreren Frauen offenbart, gleichzeitig seine Ängste darüber äußert, dass  er zwar immer noch kein Greis sei , aber nicht mehr wisse, ob er von der „kleinen süßen Maus“  an- oder ausgelacht werde.) will er seinen schwulen Sohn mit Carlotta verheiraten. Sindulfo, Martin Fournier, der am liebsten die Zeit mit  Männern, in großzügige Cabaret-Kostüme gekleidet, verbringt, ist von der Idee seines Vaters nicht besonders begeistert. Jedoch eine Million und zwei Schlösser können auch aus einem überzeugten Schwulen einen guten Ehemann machen. Den beliebten Disney Filmen gleich endet dann die Operette „Gasparone,“ die am 28.02.2013 in der Grazer Oper  Premiere hatte, mit einem Happy End – Gräfin Carlotta schmilzt in den Armen des sizilianischen Räubers Gasparone, André Schuen. Die Frau ist vor einer  Ehe aus finanziellen Gründen gerettet und ein liebevoller Kuss krönt die Darstellung und zwingt zumeist die weibliche Hälfte der Zuschauer zum Seufzen.

Eigentlich trägt die Operette „Gasparone“ sehr pragmatische Ideen in sich. Das Thema Korruption wurde in den Vordergrund geschoben. Außerdem war der Abstieg des Papstes Benedikt XVI., frivol und sarkastisch gespielt, das Thema des Abends.

Etwas übertriebene Tanzbewegungen, leichte Musik, gekrönt durch das hervorragende Spiel des Orchesters, bunte Kostüme verschafften der Operette „Gasparone“ einen frivol-grotesken Esprit. Die Bühne auf der Bühne, mit Teppichen bestückt, die sich einmal in einen  Schlafraum, einmal in einen Strand, ein andermal in einen für die Feierlichkeiten sehr schlicht gedeckten Tisch verwandelte, vervollständigte das Potpourri des sarkastischen Schauspiels.

Die ernannten Hauptdarsteller, Gräfin Carlotta und Gasparone, wurden mit ihrem Disney-Leben zweitrangig, wenn das Räuber-heiße Spanierin Paar Benozzo, János Mischuretz, und Sora, Sieglinde Feldhofer auf der Bühne kam.

Zweifelsohne erregten ihre Dialoge, in denen Sexualität im Mittelpunkt steht, die Gedanken. Auch die Phantasie der Zuschauer wurde durch die hemmungslosen Bewegungen und Reden von Sora  angeregt.

Die Stimmung der Operette „Gasparone“ erinnerte an ein russisches Mischmasch. Witzige Momente verwickelten sich mit den ernsthaften,  bis  dann alles in einer grotesken Form endete.

Das Publikum war vor allem durch Momente amüsiert, wie den Auftritt des Chores, des Heeres, die Flucht von Gasparone auf einem Boot, das sich ganz unerwartet in die Luft erhob, Gasparone in einem Kindersitz sitzend.

Die Pfiffe, lauter Applaus waren Beweis dafür, dass  die Operette in unseren modernen Zeiten durchaus bühnentauglich ist. Zu den Favoriten wurden zweifelsohne Gasparone und Sora.

„Gasparone“ wird bis 8.Juni in der Grazer Oper gespielt.

(vs)

die-frau.at