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Blaues Biedermeierzimmer mit Ikea-Möbeln
27.10.2012
Facebook, Internet, iPad, iPhone statt Postbote, Neubau statt Altbau, Satelliten, Autofahrt statt Zugfahrt - den Wertewandel merkt man nicht nur in der Geschichte. Dieser prägt unsere gesamte Lebensweise und unser Verhalten. Die Grenzen werden heutzutage leichter überwunden. Was heute am meisten zählt, sind praktische Lebensweisen, die durch den leichten und praktischen Umgang ermöglicht werden. Alles wird an unseren hektischen Lebensstil angepasst.

Die-Frau besuchte die Antiquitätenmesse in Lanach und befragte zum Thema Wertewandel und Lebensstil zwei Antiquitätenhändlerinnen: Frau Koch vom Antiquitätengeschäft in der Grazer Neutorgasse und eine junge Frau, deren Eltern sich insbesondere auf den Verkauf von Teppichen spezialisierten und die schon in ihrer Kindheit mit Antiquitäten in Kontakt kamen.

Mit Stolz und Freude zeigt Frau Koch ihre Koststücke, erklärt, wie sie die Bernsteinketten selbst und eigenhändig zusammengeknüpft hat. Mit besonderem Stolz erzählt sie von ihren Lieblingen - den Elfenbeinketten - mit besonderen feinen Schliffen aus Indien. Wahnsinnig aufwändig und wunderschön gemacht.

Unserer Redakteurin fällt die Biedermeierkommode aus Nuss mit Sphinxköpfen an den Seiten auf. Ob sie sich so einen Kasten in ihre Wohnung hinstellen würde, fragt Frau Koch unsere Redakteurin interessiert. Warum nicht? Denn schön ist er allemal. Genau so überlegt auch ihre Tochter. Die Sachen, mit denen sie sich umgibt, sollen ihr einfach nur gefallen. Unabhängig vom Preis, auf den sie nicht mal schaut. Ein Wertewandel passiert auch in unserer Generation.

Als ihre Tochter, Barbara, ca. 14-15 Jahre alt war, richtete ihr Frau Koch zusammen mit ihrem Mann ein in blau gestrichenes Biedermeierzimmer ein. Statt Anerkennung dafür zu erlangen, wurde sie jedoch darauf gedrängt, den „Ramsch“ aus dem Zimmer zu entfernen. Stattdessen räumte sie sich das Zimmer mit einer schlichten, schwarzen Ikea-Garnitur voll.

Während früher Dinge, hinter denen eine Geschichte stand und die Wert hatten, "in" waren, so schätzt man heutzutage nur noch Bequemlichkeit und die praktische Seite jeder Einrichtung - das erklärte uns die Fachfrau für Teppiche. Modern haust heutzutage mit alt. Denn auch eine Altbauwohnung richtet man mit Ikea-Möbeln ein. Somit bestätigt die junge Frau, die mit den Antiquitäten aufwuchs, die Aussage von Frau Koch über den Wertewandel.

Auch Schmuck wird nur getragen, wenn er uns ins Auge sticht, selbst wenn ein Preisschild von nur 15 Euro darauf zu finden ist. Hauptsache, auffallend ist er.

Biedermeier, Sturm, Klinkosch, Schiele, Jugendstil, Art Deco - deren Werke stauen sich nun in Museen oder verstauben in unseren Antiquitätengeschäften. Denn diese verlangen viel Pflege und kosten auch um einiges mehr, als ein Birkenkasten von Ikea, mit dem man ja auch seine Wohnung von oben bis unten bestücken kann.

Wie wichtig ist es, dass man sich mit antiken Stücken auseinandersetzt und deren Wert zu kennen und schätzen weiß? Wie wichtig ist es für das Leben jedes einzelnen? Wie wichtig ist das für unseren Umgang mit den Gegenständen, die uns umgeben?

Und was wissen Sie über die Biedermeier-Zeit?

(vs)

Fotos: Eigenwerk
 

die-frau.at