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„Failed Revolutions“ - Das Donaufestival als Aufmarschgebiet der Revolution
22.05.2010
Von klassischen Künstlern im konventionellen Sinne kann am Donaufestival Krems nicht die Rede sein. Jede Ausstellung, Performance oder Konzert ist dermaßen individuell gestaltet, dass der einzige Verknüpfungspunkt die Revolution selbst sein kann. Kunst, Musik und Theater werden unter einem Grundgedanken vereint. Ihre kollektive Intention ist es, die Menschenmassen zu erreichen, wobei sie meist auf gesellschaftliche oder politische Veränderungen hinweisen.

Der Künstler Franz Graf setzt in der Kunsthalle Krems seine Bilder in Szene. Die Ausstellung führt durch mehrere offene Räume, in welchen Werke der letzten dreißig Jahre seines künstlerischen Schaffens präsentiert sind. Phantastische Grafit- und Tuschezeichnungen, die zwar durchaus einzigartig, doch noch nah an der Realität sind, werden dem Besucher geboten. Graf schreckt vor nichts zurück, zeichnet zum Beispiel unverfroren das Genital der Frau und doch stehen ästhetische Vorstellungen stets im Vordergrund. Er ist ein begnadeter Zeichner, der seine Bilder mit verschiedenen Ornamenten verstärkt. Dabei kommen auch Illustrationen nicht zu kurz und finden mitten in den Ausstellungsräumen ihren Platz. Sehr mannigfaltig sind seine Talente, was sich in seinen Zeichnungen, Illustrationen und seiner Musik deutlich widerspiegelt.

Ein Highlight des Abends war die „Whale Whatching Tour“, die in der Minoritenkirche stattfand. 2006 wurde von Valgeir Sigurosson, welcher unter anderem die Sängerin Björk produzierte, klassische und elektronische Musik melodisch vereint. Daraus ergab sich der Zusammenschluss verschiedener Künstler, die unter dem Namen „Whale Whatching Tour“ auftreten. Die Combo bestand aus zwei Geigen, einem Kontrabass, einer Posaune und einem Klavier, hinzu kamen elektronisch erzeugte Klänge sowie harmonische Stimmensounds. Wenn man seine Augen bei solch ungewisser, geheimnisvoller und doch zugleich leichtlebiger Musik schloß, eröffneten sich einem neue Welten. Klassik trifft auf Elektronik, und die Beats und Melodien bleiben beim Zuhörer haften. Dynamische Solostücke reißen dem letzten Zuhörer das Herz aus der Brust.





Gob Squad boten eine unglaubliche Inszenierung, die den Versuch einer neuen Revolution ankurbelte. Nichts ahnend betraten die Besucher den Performanceraum, zwischen den sitzenden Leuten befanden sich bereits E-Gitarren, die vorerst unangetastet blieben. Auf einer Leinwand war ein Video zu sehen, welches jeden einzelnen Zuschauer beim Eintreten in dieses Szenarium zeigte und mit dem Abschließen der Ausgangstür durch die sechs Performer endete. Erstes Unbehagen breitete sich in den Zuschauerreihen aus: Eingesperrt mit größtenteils Fremden in einem Raum. Doch wieso? Es war der Versuch einer Revolution, in der jeder Zuschauer zum Mitwirkenden beziehungsweise Bewirkenden wurde. Was anfangs noch etwas schleppend dahinging, mündete in einer Gemeinschaft. Fremde schlossen sich in die Arme, die räumliche Distanz wurde aufgehoben, alle saßen eng aneinander und verfolgten gemeinsam ein Ziel: Die Revolution. Vielleicht aber auch nur: Raus aus dem Raum!? Die Außenwelt sollte mit der Gemeinschaft in direkte Verbindung treten. Dies wurde möglich durch einen Screen, der live-Bilder nach außen übertrug.





Abwechslungsreich ging es weiter mit der experimentellen Popgruppe múm aus Island. Ein unglaublich harmonischer Bühnenauftritt fand zwischen den einzelnen Künstlern der Band am Donaufestival statt. múm ist eine energiegeladene Band, die den Spaß an ihrer eigenen Musik fühlbar pflegt und mit verspielten Klängen zum Tanzen einlädt. Mit ihren minimalistischen elektronischen Sounds, dem abstrakten Klaviergeklimper und dem sanften unisono-Gesang spielten sie sich gekonnt in die Herzen der Zuhörer. Raffiniert setzten sie unkonventionelle Instrumente ein, die ihrer Musik eine aparte persönliche Note verlieh. Einfach atemberaubend!

Zu guter Letzt wurde es am Donaufestival Krems nochmal richtig laut. Dinosaur Jr. nutzten die vorhandenen Anlagen komplett aus, dementsprechend rapide stieg der Andrang an der Hörschutzausgabe. Frontman J. Marscis ließ wie erwartet etliche Gitarrensoli erschallen, seine mürbe teils erbärmlich klingende Stimme und die dazu wohlklingenden Melodien vollendeten ihre Rockmusik.  

(ik)




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