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Vincent – ein Mann zum Verlieben?
23.04.2010
Ab 23. April kommt der Film „Vincent will meer“ in die Kinos Österreichs. Als Romantik-Komödie, die Suche nach dem eigenen „Ich“, als eine Selbstverwirklichung kann man den Streifen ohne weiteres bezeichnen. Es wird gelogen, es kommen Höhen und Tiefen vor, man identifiziert sich mit dem Helden und seiner Entwicklung.

Vincent (Florian David Fitz, ebenfalls Drehbuchautor) ist ein 27-jähriger Mann, der aufgrund seines Tourette-Syndroms nicht aus seiner Rolle als Behinderter heraus kommen kann, nicht erwachsen werden, eigene Entscheidungen treffen, Verantwortung für die eigenen Taten übernehmen oder sich nichts von anderen gefallen lassen kann.

Auf seiner Reise verknüpft sich sein Leben mit dem zweier weiteren Personen: Marie, der Magersüchtigen, und Alexander, der unter einer Zwangsneurose leidet. Zwischen Vincent und Marie entwickelt sich ein Verhältnis, es kommt sogar zu einer sehr intimen Szene im Wald, die etwas irritiert. Man liest dem Gesicht der Frau ab, dass dass Geschehene ihr nicht gut tut, dass sie den Moment nicht genießen kann, denn sie tut es für Vincent, nicht für sich. Wie versteht Vincent diese Situation? Wie ist es für ihn als Mann, mit einer Frau zu schlafen, die nichts empfindet resp. empfinden will, sich für den Mann (aus welchen Gründen auch immer) aufopfert?

Die Magersüchtigen ignorieren in der Regel ihre sexuellen Reize, mehr noch, sie haben keine sexuelle Ausstrahlung mehr. Hat Vincent aufgrund seiner „Behinderung“ nicht merken können, dass sie ihn nicht will, oder war dies für ihn nicht von Bedeutung?





Neben den üblichen Fragen zum Wetter während der Dreharbeiten durch andere Medienvertreter, ließ die-frau.at durch provokantere Fragen aufhorchen. Hier das Interview:

Die-frau.at: Wie wichtig ist es für einen Mann, selbständig zu sein? Ist es eine der Voraussetzungen, um bei Frauen als potenzieller Partner gesehen zu werden?

Florian David Fitz (der leicht rot anläuft): Es ist wichtig, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Und Vincent hat natürlich am Anfang die Tendenz, sich hinter seiner Krankheit zu verschanzen, seiner Krankheit Schuld zu geben, dass sein Papa ihn nicht akzeptiert. Er kapiert nicht, dass er erst mal selber akzeptieren muss, wer er ist und wie er ist. Er muss aufstehen und die Verantwortung übernehmen. Natürlich hat er eine schwerere Ausgangsposition als Durchschnittsmenschen, aber er kann es ja eh nicht ändern. Es gibt kein Recht auf Durchschnittlichkeit, wir müssen ja alle lernen mit dem zu leben, was uns mitgegeben wurde. Hiermit war Tourette ein Symbol, Chance für Humor und Chance für Konflikt. Es geht um ein Erwachsenwerden unter erschwerten Bedingungen. Und das Loslassen, jemanden seiner eigenen Entscheidung über sein Leben zu überlassen, ist eine der erwachsensten Dinge, die man von einem Menschen verlangen kann. Man kann die Hand ausstrecken, aber man kann niemanden zwingen, sie auch zu nehmen.

Die-frau.at: Noch ein Mal auf das Verhältnis zwischen Marie und Vincent zurückblickend: Man nimmt der Hauptfigur Vincent ab, dass er sich ganz stark mit dem Wunsch der Magersüchtigen auseinander setzt. Wie wird Marie von Vincent gesehen? Als eine Frau oder als ein Opfer?

Florian David Fitz: Der hat sich schon in sie verliebt, aber es lässt sich dann, glaube ich, nicht trennen. Es ist nicht so, dass er ihr helfen will, weil sie ein Opfer ist, sondern weil er den Menschen gerne hat. Ich hatte immer die Hoffnung, dass mit den beiden noch was wird.

Die-frau.at: Ist ihr Drehbuch resp. das Buch zum Teil autobiographisch? Hat Vincents Beziehung zu Mutter und Vater Parallelen zu Ihrem Leben bzw. Ihrer Kindheit?

Florian David Fitz: Nein. Es sind Themen, in die ich mich reinversetzen kann. Wenn du Schauspieler bist, musst du dich mit vielen Geschichten auseinandersetzen, die nicht deine sind. Und du bist vor allem finden, was eine Saite in dir zum schwingen bringt.

Die-frau.at: Was fällt Ihnen als Schauspieler Mitte 30 leichter als noch Mitte 20?

Florian David Fitz: Es ist eigentlich ein schöner Prozess, älter Werden. Mit 17 war ich noch so unsicher in vielen Sachen, weil ich noch so vieles beweisen musste.

Die-frau.at: Soll die Entscheidung, selbständig zu werden, die eigene Initiative des Mannes sein, oder kann die von jemand anderem (z.B. Verwandtem, Freunden, Therapeuten) aufgezwungen werden? Wie wichtig ist es für einen Mann, vom Vater nicht als Behinderter gesehen zu werden, sondern als Sohn?

Florian David Fitz: Das Meer ist kein wirkliches Ziel, sondern das Ziel seiner Mutter. Es ist ein Akt, mit dem er seinem Vater zeigen will, dass er ein vollwertiger Mensch ist. Auf der Reise selber verliert das dann seine Bedeutung, weil das Leben alles durcheinander bringt. Das heißt, die Reise ist am Ende anders als erwartet. Am Ende geht’s nicht mehr um Behinderung, Die Behinderung wird zweitrangig.

(vs)

Fotos: Andreas Tischler


die-frau.at