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„Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.“
30.03.2012

Wie viel Zeit steht uns tagtäglich zur Verfügung? Und wie viel davon nutzen wir produktiv aus? Wie viel Zeit geht für Facebook, Hektik,  Kampf gegen Ängste, Unsicherheiten, Verzweiflung verloren? Das Problem der modernen Gesellschaft liegt nicht darin, dass sich 24 Stunden nicht auf weitere 24 Stunden ausdehnen lassen, sondern in unserem fehlenden Zeitgefühl. Dazu kommt noch, dass wir uns nicht organisieren können. Die fremde Zeit wird nicht geschätzt, weil das Gefühl für die Zeit komplett abwesend ist und man immer glaubt, man hat noch Zeit. Und dann ist man plötzlich 28, kinderlos, mitten im Studium - das man noch dazu nicht bewältige kann - keine Arbeit, wenig Erfahrungen und die Perspektiven sind nicht gerade ein Honiglecken…

Und diese „Weisheit“ ist keine Neuwelt. So schrieb Lucius Annaeus Seneca, Staatsmann und Philosoph (ca. 1-65):

„Es ist nicht zu
wenig Zeit,
die wir haben,
sondern
es ist zu viel Zeit,
die wir
nicht nutzen.“

Dank der Ausstellung „ZeitZeitZeit…“, die vom 01.03. bis 30.11.2012 im Volkskundemuseum Graz stattgefunden hat, konnte ich diese Phrase kennenlernen und es wurden mir einige weiteren Tatsachen bewusst, die man offensichtlich erst mit dem Auge des Betrachters sieht. Die für mich interessant und lehrreich vorgekommenen Aussagen habe ich mit meiner Kamera aufgenommen und will sie hier mit den LeserInnen teilen, um diese wiederum für zahlreiche Überlegungen und Diskussionen anzuregen.

 





 

„ Life is what happens To you while you are Busy making other plans“
John Lennon, Musiker (1940 – 1980)

„Der Mensch, der krank im Bett liegt, kommt mitunter dahinter, dass er gewöhnlich an seinem Amte, Geschäft oder an seiner Gesellschaft krank ist und durch sie jede Besonnenheit über sich verloren hat: Er gewinnt diese Weisheit aus der Muße, zu welcher ihn seine Krankheit zwingt.“
Friedrich Nietzsche, Philosoph (1844 – 1900)

„Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.“ 
Georg Christoph Lichtenberg, Mathematiker und Schriftsteller (1742 – 1799)

Der eilende Mensch verliert seine Tüchtigkeit zu Anwesenheit und Gegenwart – im räumlichen und zeitlichen Sinn.

Umgang mit Zeit ist immer eine Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten des Verzichts: Sollen wir unseren Hunger auf Welt durch möglichst viele Erlebnisse oder durch eine Reduktion auf wichtige Erfahrungen stillen?
 


Warum werden einige Sachen von uns nicht wahrgenommen und bei anderen glauben wir, es richtig zu tun und somit Zeit zu sparen? Welche Merkmale bewegen uns dazu, einige Sachen allgemein gleich wahrzunehmen? Mit Hilfe welcher Ereignisse und Gegenstände können wir bis ins Detail ein bestimmtes Datum bestimmen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die ausgestellten Gegenstände und Sprüche in einem relativ kleinen, jedoch sehr informativen Raum. Wir werden vor allem mit den Sachen konfrontiert, die wir in unserem Alltag laufend treffen und über die wir uns eher wenig bis gar keine Gedanken machen, so wie das Signalsystem bei einem Durchgang, das ausschließlich für Blinde bestimmt ist und keineswegs die Wartezeit auf einer Ampel beschleunigen kann. Einzig und alleine hilft es Sehbehinderten die Gegebenheiten der Straße einzuschätzen. In einer Reihe sind die Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs ausgestellt, die sich im Laufe der Jahre mit der steigenden Nachfrage und sich veränderten Gegebenheiten und Bedürfnisse der Menschen entwickelt und oft sogar ihren ursprünglichen Gebrauch geändert haben. Außerdem bieten zwei interaktive Quizzes die Möglichkeit, das eigene Wissen über die Zeit abzufragen und zu lernen, Zeitgefühl zu entwickeln. Gestaltet als ein witziges Spiel mit kleinen Kugeln, die sich durch den schmale Gang drängen und in den entsprechenden Kasten „richtig“ oder „falsch“ einordnen, ist die Ausstellung „ZeitZeitZeit…“ auch für die kleinen Würmchen ein spannendes Ort, wo es Einiges zu entdecken gibt.

Es mag für die Ausstellung nicht relevant sein, jedoch musste ich bei der Zeitmessung ein Mal schummeln. Anstatt auf den „Stopp“ Knopf zu drücken - nachdem die eingeschätzten 30 Minuten vergangen sind - habe ich weiter das Gespräch von einer Frau und einem Mann über den Lippenstift auf seinem Hemd belauscht. Trotz meiner Erwartung und hoher Aufregung endete es relativ abrupt.

Durch eine gewisse Einordnung und dadurch, dass die Informationen kurz und bündig über das Wichtigste berichten, ist die Ausstellung „ZeitZeitZeit…“ ein Verwöhnungsinsel für die Wissbegierige und absolut empfehlenswert.

Varvara Shcherbak  

Fotos: plainpicture/fStop

           UMJ / N. Lackner


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