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Warum übernimmt die moderne Frau die Verantwortung für ihre eigene Existenz nicht?
15.03.2012
„Finanzen haben immer noch ein männliches Image.“, ist die Konklusion der Pressekonferenz mit dem Titel „Wie weiblich sind die Finanzen? Eine repräsentative Umfrage rund um die geschlechtlichen Unterschiede“, die unter der Moderation der LeiterIN der Private Banking Erste Bank Susanne Höllinger am WeltFRAUENtag 2012 in einer FRAUENrunde (mit Ausnahme zweier männliche Medien-Repräsentanten) in der Filiale der Ersten Bank in der Petersstraße 7 abgehalten wurde. Die Platzwahl erscheint mir ziemlich seltsam. Und noch dazu wird die-frau.at aufgrund dessen nicht genannt, dass sie ein Online- und kein Printmedium ist (wie unpassend zu unserer Zeit, in der die Bereiche Internet und EDV hochentwickelt und progressiv sind). Stattdessen sagt die Moderatorin, dass es schade ist, dass sich Frauenzeitschriften für keine ernsthaften Sachen interessieren – nur noch dafür, was Diäten und was die aktuellen Kollektionen von Versace oder Jon Galliano angeht.

Die wichtigsten Fragen, die nicht nur die-frau.at als eine Frauenzeitschrift, sondern auch die Teilnehmer der oben genannten Pressekonferenz und viele weiteren weibliche Repräsentanten, bewegt, sind: Sind Finanzen weiblich oder männlich dominiert? Sind Frauen tatsächlich bei dem Thema Finanzen weniger kompetent oder trauen sie sich einfach viel weniger zu als die eher risikobereiten Männer? Wer bzw. was formt die Einstellung der Frauen, nach der sie die Verantwortung über die Finanzen nur bedingt übernehmen oder gar sich von dieser Verantwortung drücken? Welches Frauenbild propagiert die Gesellschaft? Das der Hausfrau und Mutter? Oder das einer selbstbewussten, verantwortungsbewussten, karriereorientierten Frau? Und wie entwicklungsfähig ist die Einstellung der Frauen, was die Finanzen angeht, abhängig von der familiären Situation?

Die Umfrage, die durch die Erste Bank mit 500 österreichischen Teilnehmern ab 14 Jahren, die telefonisch abgehalten wurde, durchgeführt wurde, ergab folgende Feststellungen:

Frauen sind zwar (vor allem in der Relation dazu, dass das Einkommen der Frauen um 50 Prozent geringer ist als der Männer) sparsamer, drücken sich jedoch in den finanziellen Angelegenheiten mehr oder weniger von der Verantwortung und vertrauen diese lieber dem Partner an, da sie sich in der Frage weniger kompetent und somit unsicher fühlen.  

Das Endergebnis der Pressekonferenz ist Folgende: Frauen und Männer erzielen zwar in vielen Dingen das gleiche Ergebnis, der Unterschied zwischen beiden Geschlechtern liegt jedoch in ihrem Verhalten bzw. Vorgehensweise. In Krisensituationen halten Frauen konsequenter durch, so die Konklusion. Eine bedeutende und womöglich effiziente Eigenschaft der Frauen dabei ist: Sie suchen vorher Rat und machen sich einige Überlegungen, bevor eine wichtige Entscheidung, die dazu noch womöglich mit Risiko verbunden ist, getroffen wird. „Frauen, die sich mehr mit der Sache beschäftigen und sich mehr zutrauen, mehr nachdenken, gehen gleich wie Männer Sachen an, die mit Risiko verbunden sind“, betont Susanne Höllinger. Die unterschiedlichen Herangehensweisen von Frauen und Männern sollten als ein Mix von Unternehmen als Erfolgsstrategie in die Praxis eingebunden sein.

Herr Maier, der an der Auswertung der Umfrage mit seinen mathematischen Talenten mitgewirkt hat, gibt seinen Kommentar zum Thema Frauen und Finanzen ab. „Frauen strahlen Signale aus, indem sie zu verstehen geben: „Da kenne ich mich nicht aus“".

Viele Frauen finden, sie hätten kein Mitspracherecht, sobald sie kein hochqualitatives wissenschaftliches Wissen in einem Fach, in dem diskutiert wird, besitzen. So die Beobachtungen von Susanne Höllinger.

In der Tat lernt man bei jedem neuen Gebiet, in dem man mittut und zuhört, etwas Neues. Macht es wiederum Sinn, dass eine Frau einen Kommentar abgibt, um nur noch ihre Anwesenheit zu bestätigen? Auch wenn dieses Wort fehl am Platz ist? Oder hindert Frauen bereits diese Unsicherheit, diese Angst, sich vor anderen zu blamieren, daran, sich in einem fachqualitativen Gespräch zu äußern? Und hinkt nicht vor allem die Eigeneinschätzung der Frauen?

Weitere interessante Auswertungen, die der oben genannten Umfrage entstammen, sind:

Frauen nehmen viel häufiger Privatärzte in Anspruch als Männer. 47 Prozent gegen 32 Prozent – das ist schon eine bedeutende Diskrepanz. „Der Rest sind dann die Gynäkologen“, merkt die Redakteurin des Kuriers an.

Auch wenn nur sieben Prozent der befragten Frauen angegeben haben, die Leistungen eines Psychotherapeuten in zu Anspruch nehmen, so ist es in der Relation zu einem Prozent der männlichen Stimmen ein Faktor, der für sich selbst spricht. Immerhin sind Gynäkologie und Psychotherapie zwei Berufsfelder der Gesundheit und Vorsorge, derzeit hoch gefragt sind.

Ein interessantes Ergebnis kam aus der Umfrage und deren Auswertung heraus: Während sich ledige Frauen kaum bis gar nicht für Finanzen zuständig fühlen, übernehmen die geschiedenen und verwitweten Frauen viel mehr Verantwortung für die eigenen finanziellen Angelegenheiten, da sie durch ihre Situation, in der sie womöglich zusätzlich zu sich selbst noch für ein Kind sorgen müssen, auf sich selbst gestellt sind.

Interessant ist die Anmerkung von Frau Mag. Höllinger, dass Frauen im Laufe der Beratung nicht gesondert behandelt werden wollen. Frauengerechte Produkte - so die Überlegung vieler Frauen - sollte es in Bereichen der Finanzplanung, z.B. bei einer Bank, nicht geben.

Aktuell wird Männern viel mehr in Dingen, die Finanzen betreffen, zugetraut - sollten Frauen sich trotzdem in finanziellen Sachen weiter wenig bis gar nicht einmischen? Ist es wichtig, dass jede einzelne Frau ein Bewusstsein dafür entwickelt, für sich selbst verantwortlich zu  sein und selbständig zu sein? Oder ist die Abhängigkeit von einem anderen ein angenehmer Zustand? Auch auf Dauer? Und auch mit der Perspektive, dass jede Beziehung, jede Ehe einmal zu Ende ist?


Varvara Shcherbak

die-frau.at