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Alltag, über den man im Theater lachen kann
14.01.2012
Warum redet er immer übers ficken? Gibt es Liebe ohne Sex? Wofür ist Sex gut in einer Partnerschaft? Diese und gleiche Fragen stellen sich nicht nur die Darsteller im Stück "Eine Mitsommernachts-Sex-Komödie" (Regie: Matthias Hartmann), sondern sie greifen tief in unseren Alltag hinein. Gedanken über Sex, egal wie sehr wir versuchen diese zu verdrängen, was uns nur dauernd Kopfschmerzen bereitet und wir dann krampfhaft zu Kopfschmerztabletten greifen, erreichen uns wieder und wieder. Instinkt.  

Das Stück fand den Wiederklang im Publikum in Form von offenem und ehrlichem Lachen. Die aufgefassten Themen wurden als witzig, spritzig gefunden, auch wenn diese auf unseren Alltag zurückgreifen und sie jeder nicht nur aus den Erzählungen kennt. Haben die Zuschauer dabei daran gedacht, dass sie über sich selbst lachen?! Wieder einmal merkt man die typischen Woody Allen Züge: die Ehe und ihre Funktionsfähigkeit ("es geht alles gut, aber sie funktioniert nicht"), die ungleichaltrige Beziehung und Sex im Alter. Themen wie Verkrampfung und sich-nicht-trauen, und die Schlappheit des Gliedes bzw. der Gewinn an Schwerkraft eines männlichen doch nicht Hengstes mit den ewig bleibenden Bubi-Augen, werden in den Vordergrund gezogen. Kann eine Frau bzw. soll eine Frau Sex genießen? Für sich oder für den Partner, weil es zu einer Beziehung dazugehört, tun? Und soll sie dabei an die Befriedigung des Buberl-"Mannes"denken oder an ihre?  

Woody Allen erobert seit 31. Dezember auch die Wiener Bühne, genau gesagt, die Bühne des Wiener  Burgtheaters. Hier bringen die Schauspieler durch ihr ausgezeichnetes Darstellungstalent das Publikum zum gleichzeitigen Lachen und Überlegen. Die lebendige und höchst flexible Bühne verschafft Freiraum. Der dichte Wald und die unglaubliche Menge an Bäumen und Büschen lassen einen unfreiwillig eher mit der melancholischen frustrierten Laune Adrians (Dorothee hartinger) im Einklang sein. 

Die Kostüme erinnerten uns wieder an die 50/60er Jahre, als die Mode noch etwas schüchterner und jüngfräulicher war, jedoch auch hier konnte sich ein Mode-Vamp einiges an modernem Flair abschauen. Drei Frauenrollen präsentieren drei unterschiedliche Frauentypen: die junge Krankenschwester Dulcy (Esmee Liliane Amuat), die gerne liest, sich fûr ältere Männer interessiert und ihren Trieben freien Lauf lässt; die Ehefrau Adrian, die ihrem Mann gegenüber nicht offen und ehrlich ist, sich dadurch unter Druck gesetzt fühlt und ihre Gefühle nicht erkennt; und eine reifere Frau, Ariel (Sunnyi Melles), die ihre Triebe als gesellschaftswidrig sieht und sie daher durch die Heirat mit Leopold (Martin Schwab), zu zügeln versucht. Jedoch genau diese Frau, die von Gedanken an Sex trotzdem nicht in Ruhe gelassen wird, ist bei Männern begehrt und will von jenen erobert werden.  

In der Pause gingen alle das Gebäude erkunden. Auch ich. Damit ich bessere Bekanntschaft mit dem beliebten Freizeitort mache. Entdeckt habe ich eine wunderschöne Bildergalerie mit den Portraits der Schauspieler des Hauses in unterschiedlicher Ausarbeitung: Aquarell, Zeitung auf Leinwand, lackiertes Holz. Außerdem ein Wettbewerb von den Kinderzeichnungen zu dem Stück Peter Pan.

"Eine Mitsommernachts-Sex-Komödie", im Burgtheater, hat mich mit der perfekten Zusammensetzung jeder Einzelheit fasziniert und ist somit von meiner Seite nur empfehlenswert.

Varvara Shcherbak 

Fotos: Reinhard Werner

die-frau.at