Das Leben ein Fest > Zu sehen
Ein Tag aus dem Kindergarten für Erwachsene
21.10.2017
Wer sagt, dass man Liebe nicht kaufen kann, kennt Johann Nestroys "Liebesgeschichten und Heiratssachen" nicht.

30.000 Gulden lassen die Herzen höher schlagen und die Augen noch strahlender glänzen. Auch wenn das Geld alleine der Liebe nicht den Funken gibt, so macht es sie (nicht nur die Liebe, sondern vor allem die "Geliebte") umso attraktiver. So ist für Nebel seine unansehnliche Geliebte mit einer Brille vom Aussehen her eine alte Dame und mit einer kindischen Stimme umso attraktiver, wenn sie 10.000 Gulden schwerer als erwartet ist.  

Georg Schmiedleitner bringt eine Farce auf die Bühne, verpackt in Intrigen, Rache und Eigenliebe alias Egoismus. Was bei den Akteuren und Akteurinnen eindeutig fehlt ist das Erwachsensein. Keiner hat nämlich die psychische Volljährigkeit erreicht.

Unterhaltend, witzig und lebensecht, auch wenn größtenteils übertrieben erscheinend, ist die Darstellung. Mit Verzweiflung beobachtet man allerdings das Verhalten der Männer und Frauen. Fanny (brillant von Maria-Luise Stockinger gespielt) ist die Partie für Anton Buchner (Martin Vischer), einen Kaufmannssohn, dessen Vater ohne Vermögen gestorben ist und dessen wohl etwas ungeschickter Sohn somit in die Armut gerutscht ist. Sein Ziel ist, durch die Heirat mit der vermögenden Fanny wieder auf beiden Beinen zu stehen. Doch Anton ist kein beißender, sondern ein jaulender Hund. Seine Verzweiflung ist ihm ins Gesicht geschrieben. Anstelle sich der Herausforderung zu stellen, ein Mann zu sein, jammert Anton zu Fanny: „Fanny, es ist schon ein großes Opfer, das ich dir erbringe“. Alfred ist zwar in seinen Bemühungen etwas zielgerichteter als Anton, kann sich aber immer noch nicht seinem Vater stellen und gegen den Willen seines Vaters entscheiden. Einzig und allein der Betrüger Nebel, unausgesprochen genial von Markus Meyer verkörpert, der Prototyp des falschen Prinzen aus dem Märchen „Der gestiefelte Kater“, kennt sein Ziel und folgt ihm ohne Rücksicht auf Verluste.

Frauen werden in dem Stück als naive, wahnsinnige, inhaltslose Geschöpfe, als Zugabe zum Geldsack dargestellt. Sie laufen Männern nach, stärken ihr Selbstvertrauen.


Am Ende weiß man nicht mehr, wer mit wem zusammen ist

Nebel spielt mit Fanny eine Szene vor, um Anton vorzutäuschen, diese wäre untreu, und merkt, wie sie ihn anzieht. Ulrike erfährt die wahre Herkunft von Alfred (Christoph Radakovits) und schmiedet ihre Rache an seinen Vater, Marchese Vincelli (Dietmar König), der ihre Mutter verlassen hat, weswegen sie einen anderen heiraten musste. Gleichzeitig geht sie eine Affäre mit einem wieder zum Leben erwachten Anton ein. Nebel lässt Lucia Distel (hervorragend von Regina Fritsch gespielt) stehen, da er nun Aussichten auf das Vermögen von Herrn von Fett und somit Interesse an einer Heirat mit seiner Tochter Fanny hat. Bevor er diesen seinen Plan ausführen kann, geht er noch eine 100-Gulden-Affäre mit der Frau des Wirtes (Elisabeth Augustin) ein. Das Ganze endet in einer Farce, wo man sich nicht mehr auskennt, wer mit wem gegen wen ist bzw. weiß nicht mehr, ob man für diejenigen, die endlich zusammen gekommen sind, sich freuen oder weinen soll. Nur Nebel gibt seiner Situation Ausdruck:       

„Meine Sache ist das Alleinige. Mir geht nichts über mich.“
 


 
Vermögen macht nicht jeden Wurstverkäufer nobel

Witzig und kontrastreich ist das Treffen zwischen dem Adeligen Marchese Vincelli (Dietmar König) und dem Möchte-gern-Noblen Florian von Fett (brillant von Gregor Bloéb verkörpert). Man lässt sich mehrmals während des Abends den Spruch durch den Kopf gehen, dass nicht das Geld alleine uns gewissen Schichten zugehörig macht, sondern unser Auftreten. So täuscht das Auftreten von Nebel stark, da dieser sich gehoben auszudrücken weiß sowie die Verhaltensregeln kennt. Anders geschieht es dem Möchte-gern-Noblen Florian von Fett. Nicht jedes Kleid macht den König, so erinnert das gelbe glänzende Kostüm von Florian von Fett eher an Kabarett oder ein Kasino als einen Schlossbesitzer. Seine Manieren, sein Benehmen und das Auftreten verraten seine Herkunft. So wird er auch von Marchese Vincelli nicht auf Augenhöhe wahrgenommen.
 


 
Plumps-Klo auf der Bühne? Warum nicht!

Volker Hintermeier, der das Bühnenbild entwarf, schloss sich der von Georg Schmiedleitner produzierter Farce an und produzierte einen Vorhang aus Plastikfetzen als Erinnerung an eine Fleischproduktion und in die Mitte der Bühne stellt er ein in schimmernden Farben ausgemaltes Plumps-Klo.

Genialer Abend, der jedem viele neue Lachfalten ins Gesicht gebracht hat. Hervorragendes Schauspiel. Ist auf jeden Fall weiterzuempfehlen.

vs

Fotos: Georg Soulek/Burgtheater

die-frau.at